"Ja, aber"-Gelaber

■ Parteienecho: Kaum einer für Plog-Initiative gegen Rechts

Eine honorige Absicht, geschickt unters Volk gebracht und überzeugend begründet, führt noch lange nicht zu einem Ergebnis. Diese Erfahrung konnte NDR-Chef Jobst Plog machen, als er die Abschaffung der gesetzlich legitimierten Fernsehwahlwerbung forderte. Begründung der Initiative: Nur so könne man verhindern, daß den Zuschauern rechtsextremes und ausländerfeindliches Gedankengut in DVU- oder Rep- Spots kostenfrei zur besten Sendezeit serviert werde. Von vielen Seiten erntete er für seinen Vorschlag Anerkennung, doch in den Parteien war man geteilter Meinung.

Einzig Niedersachsens Regierungschef Schröder fand die Idee so gut, daß er sie bedingungslos unterstützte. Im Rest der Republik wurde der Vorschlag mit einem unentschiedenen „Ja, aber...“ entwertet. Die etablierten Politiker sehen das rechte TV-Gegeifer zwar wie Plog mit Argwohn, zum Angriff auf eigene Pfründe reicht dies nicht. Demokratische Parteien dürften sich von den Rechtsextremen nicht verdrängen lassen, lautet ihre Devise. Die Angst, daß die Rechten mit Klagen auf Chancengleichheit vor Gericht ziehen könnten, spielt bei manchen ebenso mit wie die schon geschlossenen und nur unter größten Schwierigkeiten kündbaren Werbeverträge für das Superwahljahr 1994.

Statt einer Operation am offenen Parteiherzen liefert man also lieber sogenannte konsensfähige Alternativen. Die Anstalten sollten doch erst einmal ihre eigenen Möglichkeiten ausschöpfen, heißt es. Ist das nicht ein ganz toller Vorschlag? Hat doch allein der NDR in der Vergangenheit bei Gericht mehrere K.o.-Schläge einstecken müssen, nachdem er die Ausstrahlung rechter Reklame verweigert hatte. Auch gesetzliche Neuregelungen und Präzisierungen der Staatsverträge werden dieser Tage vorgeschlagen. Klingt vernünftig, ist aber praxisfremd. Wie etwa soll man einen Gesetzestext formulieren, der die Kombination spielender türkischer Kinder mit der musikalischen Begleitung von „Spiel mir das Lied vom Tod“ verbietet? Oder wie kann man Hetzparolen juristisch greifen, die die Justiz bislang als „extreme Meinungsäußerung“ und „pointierte Formulierung“ (Oberverwaltungsgericht Hamburg im März 1992) durchgehen ließ?

Da könnte Plogs Radikalkur helfen. Doch die Neigung zur parteipolitischen Werbeabstinenz im Fernsehen ist in den entscheidenden Staatskanzleien der Länder gering. Unsicher ist sogar, ob aus dem Vorstoß des NDR-Intendanten Plog eine Initiative des ARD- Vorsitzenden Plog wird. In der kommenden Woche steht das Thema auf der Tagesordnung der Anstaltschefs in Frankfurt. Trotz positiver Vorarbeit ihrer Hausjuristen gibt es unter den Intendanten Zweifel, ob man dem Vorschlag aus Hamburg den ARD-Stempel verpassen sollte. Nicht weil man die Initiative nicht lobenswert fände, sondern weil die Erfolgsaussichten so gering sind. Christoph Heinzle