Das Wunder der Möllner Feuerwehr

■ Aussagen der Brandbekämpfer beim Möllner Mordprozeß / Überlebendes Kind erst nach Löschen des Hauses gefunden

Schleswig (taz) – Die Emotionen, sie dominierten die vergangenen drei Verhandlungstage im Prozeß um die Möllner Morde vor dem Oberlandesgericht Schleswig. Das Grausen, der Schrecken und die Empörung über die Mordnacht und deren Folgen sind im Gerichtssaal nähergerückt. Gestern schilderten die Feuerwehrleute, was sie am Brandort in der Mühlenstraße erlebt haben, wie sie die drei Leichen der zehnjährigen Yeliz Arslan, der 14jährigen Ayșe Yilmaz und der 51jährigen Bahide Arslan geborgen haben. Und welch ein Wunder es war, als sie den damals sieben Jahren alten Ibrahim „pudelnaß, aber zum Glück lebend“ in der Küche fanden. „Für einen Feuerwehrmann war das eine tolle Sache nach so einem Inferno“, erklärte einer der Männer. Denn den Jungen fanden sie hinter einer völlig verkohlten Tür erst, nachdem der große Brand gelöscht war. Blitzartig habe das Haus in Flammen gestanden.

Vorwürfe, daß die Feuerwehr nicht alles getan habe, um Menschen zu retten, wiesen die Feuerwehrmänner zurück. Fakt aber ist: Die Möllner Wehr war voll und ganz beschäftigt mit dem Brand in der Ratzeburger Straße, den die Angeklagten eine halbe Stunde zuvor gelegt haben sollen. In der Mühlenstraße kamen Löschtrupps aus Ratzeburg und umliegenden Dörfern zum Einsatz.

Am Vortag hatte der 61jährige Nazim Arslan in einer erschütternden Erklärung geschildert, wie die Brandnacht, in der seine Ehefrau Bahide starb, abeglaufen ist. Bahide Arslan hatte ein Klingeln gehört und ihn zur Tür geschickt, um nachzusehen. Als er die Tür zum Flur öffnete, sah er Rauch und Flammen, schrie „wir verbrennen“. Er kann sich nur noch daran erinnern, daß er die Schwiegertöchter alarmierte. Wie er aus dem brennenden Haus kam, weiß er nicht mehr.

Wie es zu dem grausigen Attentat kam, hat die Freundin der gestorbenen Yeliz gesehen. Das neunjährige Mädchen, die einzige Augenzeugin, sagte am Dienstag unter Ausschluß der Öffentlichkeit aus. An viele Details konnte sich das Kind nach Angaben des Nebenklageanwaltes Christian Ströbele zwar nicht mehr erinnern, aber Belastendes habe sie doch wiederholt. Vor der Polizei hatte die kindliche Zeugin geschildert, wie sie in der Nacht wach wurde, zur Toilette mußte und, weil es ihre Angewohnheit ist, anschließend aus dem Fenster geguckt hatte.

Dort sah sie ein weißes Auto, wie „Tante Toni“ es hatte, zwei Männer, die dunkel angezogen waren und komische Mützen trugen. Der größere der Männer, der auf der Beifahrerseite aussteigt, hat was aus Glas in der Hand, geht zur Haustür, wirft etwas hinein. Eine Fußmatte sieht das Mädchen brennen. Der kleinere Mann rennt um das Haus in die schmale Gasse und wirft ebenfalls etwas gegen das Haus. Um alles mitzubekommen, flitzt die Kleine zwischen Kinderzimmer und Wohnstube hin und her. Sie sieht und hört das Auto mit quietschenden Reifen wegfahren. Wenig später steht das Haus in Flammen.

Die Angeklagten Lars Christiansen und Michael Peters hatten ihre inzwischen widerrufenen Geständnisse abgelegt, nachdem sie mit der Aussage des Mädchens konfrontiert worden waren. Dennoch decken sich wichtige Details mit dem Mordgeständnis von Michael Peters. Das Gutachten über die Glaubwürdigkeit der Aussage des Mädchens wird eine Kinderpsychologin an einem der nächsten Verhandlungstage vorlegen. Kersten Kampe