: Abbau des Sozialstaats „intelligent und konsequent“
■ Arbeitgeber wollen Staatsfinanzen konsolidiert sehen / Arbeitslose und ABMler sollen die Dummen sein / Ablehnung der Pflegeversicherung bekräftigt
Bonn (taz) – Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände fordert zur Konsolidierung der Staatsfinanzen einschneidende Kürzungen von Arbeitslosen- und Sozialhilfe sowie im Bereich von ABM-Maßnahmen. „Wir müssen“, teilte ihr Präsident Klaus Murmann gestern in Bonn mit, „reduzieren und Leistungen zurückfahren, intelligent und konsequent“. Sparen muß nach den Vorstellungen der Arbeitgeber die Bundesanstalt für Arbeit. So sollen die Fördersätze für Bildungsmaßnahmen und berufliche Rehabilitation „an das Niveau des Arbeitslosengeldes“ angeglichen werden – sofern sie gezahlt werden; entsprechende Rechtsansprüche sähen die Arbeitgeberverbände lieber in „Kann-Leistungen“ umgewandelt.
Gemäß den Vorschlägen gehört auch das Arbeitslosengeld gekürzt: Nicht im Jahresturnus, sondern nur noch im Zwei-Jahres-Rhythmus sollen die Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung der allgemeinen Einkommensentwicklung folgen. Reduzierte man dann noch die Höchstbezugsdauer des Arbeitslosengeldes auf ein Jahr, rechnete Murmann vor, könnten jährlich sieben bis acht Milliarden Mark eingespart werden. Auf Seiten der Arbeitslosen soll eine „degressive Ausgestaltung“ des Arbeitslosengeldes den „Anreiz zur Arbeitsaufnahme“ wecken: Statt einer generellen Senkung, wie sie Bundesfinanzminister Theo Waigel plant, sollen demnach die Leistungen mit zunehmender Dauer der Arbeitslosigkeit schrumpfen. Geld wird, geht es nach Murmann, ohnedies nur nach „regulärer Arbeit“ und nicht nach Teilnahme an Maßnahmen gemäß Arbeitsförderungsgesetz gezahlt. Die sollen durch einen „neuen Typus ,Gemeinschaftsarbeiten‘“ ersetzt werden, dessen Entlohnung „deutlich“ unter dem heutigen ABM-Niveau liegen soll. Den Empfang von Arbeitslosengeld nach Teilnahme an Maßnahmen gemäß Arbeitsförderungsgesetz bezeichnete Murmann als „unsachgemäßen Erwerb von Leistungsansprüchen“.
Murmann wandte sich auch gegen die geplante Pflegeversicherung. Das derzeitige Modell von Arbeitsminister Norbert Blüm sei für die „gesamte gewerbliche Wirtschaft nicht annehmbar“. Es verteuere die Arbeitsplätze und vertage die Belastung auf künftige Generationen. Dem Arbeitgeberverband schwebt ein Kompromißmodell vor, das die Finanzierung unter anderem durch einen monatlichen Pflichtbeitrag für jeden Berufsanfänger ab dem 25. Lebensjahr, laut Murmann eine „Monatsprämie“, und durch eine Mißbrauchsbekämpfung bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sicherstellen soll. Bernd Neubacher
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