Robin Hood der politisch Entrechteten

■ Markus Wegner und seine Gefolgsleute gründen heute ihre „Statt-Partei“    Von Uli Exner

Zeit. Der Mann hat kaum noch Zeit. Hetzt von einem Termin zum anderen. Es macht ihm schon was aus, sagt er. Wegen der Kinder, wegen der Familie. Die Haare stehen auf Sturm. „War ich schnell genug da?“. Rekordverdächtig.

Markus Wegner will die Gunst der Stunde nutzen. Am 19. September möchte er für seine zweite Polit-Sensation sorgen, mit seinem Bürgerverein „Statt-Partei“ ins Hamburger Parlament einziehen. Kaum einer glaubt, daß er das schafft. Aber, wer bitte schön, hat denn daran geglaubt, daß seine Klage vor dem Hamburgischen Verfassungsgericht gegen die letzte Wahl Erfolg haben könnte?

Nun dampft er wieder. Interviews, Versammlungen, Interviews, Mitglieder werben, Satzung schreiben. Heute abend, nach nur vier Wochen Vorbereitung, wird die „Statt-Partei“ offiziell gegründet. „320 Interessenten haben wir im Computer“, sagt Wegner. Darunter die beiden Bürgerschaftsabgeordneten Jürgen Warmke (Ex-CDU) und Manfred Silberbach (SPD), die von ihren Parteien nicht mehr für die Bürgerschaft nominiert wurden und nun wohl auch zu den „Unzufriedenen“ zählen, die Wegner um sich sammelt. Die „Statt-Partei,“ ein Sammelbecken für abgehalfterte ehemalige Parlamentarier?

Protest, Wegners Hände wandern trommelnd über den schwarzen Couchtisch, der Redefluß kommt einen Moment ins Stocken. Nein, so sei das natürlich nicht gemeint. Die beiden seien willkommen, aber ein Platz auf der Wahlliste ist ihnen deshalb nicht sicher. Bloß keine Ähnlichkeiten aufkommen lassen zu den anderen Parteien mit ihren Versprechungen, ihrem Proporzgeschuster.

Denn das ist sein Wahlkampf-thema. „Die gekaufte Republik“, gefangen in den unersättlichen Armen der Parteien, die jedes Rundfunkgremium, jedes Verfassungsgericht, jede Regierung besetzen und diese Gremien dann auch noch selbst im Parlament überwachen wollen. Lieblingsthema. „Es geht um Verkrustung, aber es geht auch um Politik, um Macht und um Moral.“

Wegners Hände wandern hinter den Nacken, für einen Moment ist er zufrieden mit dem bisher Erreichten. „Robin Hoods ins Rathaus“ fordert ein Werbeaufkleber der „Statt-Partei“, und ein bißchen fühlt sich Wegner schon jetzt wie der Rächer der politisch Entrechteten.

Das sind zunächst einmal jede Menge „Intellektuelle und Doktores“. Wegner gibt freimütig zu, daß die potentiellen „Statt-Partei“-Mitglieder nicht unbedingt der klassischen Robin-Hood-Klientel entspricht. Eine gerade eingerichtete Arbeitsgruppe zum Thema „Soziale Brennpunkte“ soll Abhilfe schaffen, soll der „Statt-Partei“ auch in jenen Stadtteilen ein Standbein schaffen, „in denen die Politik der SPD gescheitert“ ist.

Und wenn es Markus Wegner doch nicht schafft? „Dann kennt ihn in vier Jahren keiner mehr,“ erklärt sein Mitarbeiter Hansjürgen Großmann. Deshalb muß er sich ja so beeilen.