Tote bei Unruhen in Nepals Hauptstadt

■ Brutaler Polizeieinsatz gegen Proteste der kommunistischen Opposition

Katmandu (taz) – Bei gewalttätigen Unruhen in und um Katmandu sind offiziellen Angaben zufolge seit Freitag zehn Menschen ums Leben gekommen, viele wurden verletzt. Oppositionelle Gruppen sprechen von 25 Toten. Die Polizei schoß scharf auf Demonstranten, die den Rücktritt des nepalischen Premiers Girija Prasad Koirala forderten.

Hintergrund der Auseinandersetzungen: Ein mysteriöser Autounfall, der sich am 16. Mai ereignete und bei dem zwei Führer der größten Oppositionspartei des Landes, der kommunistischen „Vereinigten Marxisten-Leninisten“ (UML), ums Leben kamen. Beide Männer, der Vorsitzende der Partei, Jeev Raj Ashrit, und ihr Generalsekretär, Madan Bhandari, waren zentrale und sehr populäre Figuren in der nepalischen Opposition. Zweifel am Unfallhergang kamen auf, nachdem der gänzlich unverletzt gebliebene Fahrer verhört und das Fahrzeug untersucht worden war. Ein führender Oppositionspolitiker bezeichnete den „Unfall“ als „gezielten Mordanschlag durch reaktionäre Kräfte“. Die Regierung in Katmandu setzte schließlich einen Untersuchungsausschuß ein – der allerdings nur aus einer Person bestand. Diese, ein früherer Richter am Obersten Gerichtshof, legte vier Wochen später ein abschließendes Untersuchungsergebnis vor, das sich im wesentlichen auf die erneute Befragung des Fahrers stützte und diesen als „fahrlässigen Verursacher des Unfalls“ bezeichnete. Die Opposition war über diese Art der Untersuchung ebenso aufgebracht wie weite Teile der Bevölkerung. Nach Protestkundgebungen in mehreren Städten rief die UML dann am 26. Juni zum Generalstreik in Katmandu auf. Die Polizei ging brutal gegen die DemonstrantInnen vor: Wer nicht fliehen konnte, wurde wahllos zusammengeknüppelt. An mehreren Stellen eröffnete die Polizei das Feuer. Die Behörden verhängten ein striktes Ausgehverbot zwischen 19 und 4 Uhr morgens. Über 700 Menschen sollen seit Samstag verhaftet worden sein. Colin Goldner