Schublade „Postmoderne“

■ Jazzport, zweiter Tag: Yellowjackets und M' Blu Et Moi

Nur gut, daß die Herrn ihre Verstärker nicht schonten, sonst hätten die in den Hauptbahnhof einfahrenden Züge die Musik gemacht. Hat die Bundesbahn das Programm des Jazzport-Festivals im Zirkuszelt vor den Deichtorhallen mitgestaltet, Leisetöner erst gar nicht zugelassen?

Die Yellowjackets jedenfalls waren laut am Mittwochabend. Und doch spielte das Quartett transparente Musik, kompositorisch, improvisatorisch und instrumental perfekt, wie das nur jene studiogestählte US-Musikergerneration der 70er und 80er Jahre vermag, zu der die Yellowjackets gehören.

Ihre Omnipotenz zahlt sich aus: Sie mögen keine Stars im Jazz-Busineß sein — kaum jemand weiß die Namen der einzelnen Musiker zu nennen —, aber ihre Platten sind allemal solide Seller. Immerhin haben sie den neuen Mainstream kreiert, der funktionierte auch beim Jazzport: Jeder Zuhörer erkannte seine Vorlieben wieder, und das Gesamtpublikum reagierte seine Ahas ab.

Der Puls von Miles Davis war als Basis der Musik zu erkennen, darüber die Melodiebögen eines Jan Garbarek, dazwischen die ausladenden Baßläufe eines Jaco Pastorius, auch Piano-Terzgänge eines Josef Zawinul oder die hartnäckigen Funk-Ostinati eines Ichweißnichtwer.

Selbst die benebelnde New-Age-Klangfarbe fehlte nicht: Der Synthesizer steuerte sie bei. Bei aller Routine der Herrn: Man wird das Gefühl nicht los, sie könnten auch eine ganz andere Musik mit dem gleichen Engagement vertreten. Ein Fall für die Schulblade mit der Aufschrift „Postmoderne“.

Ganz anders die obligatorische Lokalband, die den US-Musikern vorangesetzt wurde. Die Gruppe M'Blu Et Moi schien froh zu sein, das abliefern zu können, was sie einstudiert hatte: getragenen Funk-Rhythmus unter gemäßigt dissonantem und durch komplexe Harmoniefolgen groovendem Saxophonsatz, der aber beileibe nicht so scharf von der Bühne kam, wie er wahrscheinlich gemeint war.

Erst nach dem Auftritt der Yellowjackets offenbarte sich die Qualität der siebenköpfigen hanseatischen Vorgruppe: Ihre Musik kann wenigstens authentisch genannt werden.

mib