US-Shuttle-Diplomatie

■ Rückkehr zu alten Methoden, um Nahostgespräche zu retten

Tel Aviv (taz) – Mit der Ankunft des „Friedenskoordinators“ aus Washington, Dennis Ross, begann gestern in Jerusalem eine neue Phase der israelisch-arabischen Verhandlungen. Die Regierung in den USA hat sich angesichts der festgefahrenen bilateralen Nahostgespräche auf Henry Kissingers Methode der siebziger Jahre besonnen: auf das rapide Pendeln zwischen den Hauptstädten des Nahen Ostens, das im politischen Jargon auch als shuttle diplomacy bezeichnet wird.

Nachdem auch die zehnte Nahostrunde in Washington vor knapp zwei Wochen ohne Ergebnisse zu Ende gegangen war, hatte sich das State Department zu dieser Initiative entschlossen, die – strenggenommen – den Rahmen der Madrider Konferenz verläßt. Der bilaterale Verhandlungsmodus und die vor allem von Israel gewünschte strikte Zurückhaltung des amerikanischen Sponsors werden damit aufgegeben.

Nach ersten Gesprächen mit Israels Ministerpräsident Rabin und Außenminister Peres wollen sich Ross und sein Team mit den Palästinensern treffen, um über das bisher unveröffentlichte „Überbrückungsdokument“ der USA zu sprechen. Dieser Text soll als erste israelisch-palästinensische Grundsatzerklärung und Tagesordnung für die Autonomieverhandlungen dienen. Zwar hat die PLO den Vorschlag abgelehnt, der sich offenbar eng an Israels Zwischenlösungskonzept für die besetzten Gebiete hält. Aber die palästinensische Delegation ist dennoch bereit, mit den US-Diplomaten zusammenzukommen.

Israelisch-palästinensische Differenzen gibt es unter anderem in der „Jerusalem-Frage“. Israel verlangt, daß der Status des annektierten Ostteils der Stadt aus den Verhandlungen über die „Autonomie- Zwischenlösung“ ausgeklammert wird, und widersetzt sich der palästinensischen Forderung, daß die geographischen Grenzen der palästinensischen Gerichtsbarkeit für die Zeit der Autonomie festgelegt werden. Washington unterstützt die israelische Position: die Autonomie-Zwischenlösung soll auch nach amerikanischer Auffassung nur „funktionellen“ Charakter haben, aber geographisch nicht definiert werden, um gar keinen Gedanken an eine zukünftige territoriale Selbständigkeit der Palästinenser aufkommen zu lassen. Die Palästinenser sollen über den – größtenteils von Israel konfiszierten – Boden in den besetzten Gebieten nicht verfügen dürfen.

Nach seiner Rückkehr aus Moskau, wo er an einer Vorbereitungssitzung für die multilateralen Nahostgespräche teilnahm, äußerte Israels stellvertretender Außenminister Beilin die Hoffnung, daß es nach dem Besuch der US-Diplomaten endlich zu einem „Durchbruch“ komme. Israel will grundsätzlich nichts an seiner Position gegenüber den Palästinensern ändern, ist jedoch zu „elastischeren Formulierungen“, bereit und erwartet im übrigen, daß die US- Vermittler die arabische Seite zu den notwendigen Konzessionen überreden. Falls dies gelingt, soll US-Außenminister Christopher selbst in den Nahen Osten kommen, um dem Erfolg Nachdruck zu verleihen. Amos Wollin