Flucht vor den Skinheads

■ Schulklasse fühlte sich bedroht

Prieros (taz) – Die Neonazis werden sich vor Vergnügen auf die Glatzen geschlagen haben angesichts der lächerlichen Erklärung von Innenminister Alwin Ziel (SPD): „In Brandenburg stehen Rechtsradikale unter permanentem Verfolgungsdruck“, schmetterte er am Dienstag in Potsdam. Daß sich am 19. Juni fast 1.000 Skinheads in Prieros lautstark versammeln konnten, sei eine Panne und einzig der „katastrophalen Fehlentscheidung der unsensiblen Einsatzleiter“ zuzuschreiben. Die Folgen des ministerlichen Abwiegelns sind unmittelbar, und sie sind verheerend.

Bürger, die sich bei der Polizei über die „Heil Hitler“-Rufe beschwerten, fühlen sich betrogen, die Forderung nach Zivilcourage erscheint ihnen wie ein Hohn. „Solche Dinge werden offenbar von oben geduldet“, schimpft ein Nachbar. Er wird nun auch den Mund halten, denn „wenn die Neonazis mich bedrohen, schützt mich keiner“. Erbost ist auch Dieter Flock, Leiter der Internationalen Begegnungsstätte der Berliner Berufsbildungs-Jahr-Consulting in Prieros: „Uns hat keiner gewarnt.“ Am fraglichen Tag waren zwei Schulklassen und eine Sprachlehrergruppe zu Gast. Am Nachmittag wanderten die Lehrerinnen in das 1,5 Kilometer entfernte Prieros. Ein Auto voller Skinheads hielt auf sie zu, drehte im letzten Moment in eine Pfütze ab bespritzten die Frauen mit Dreck. Die packten voller Panik ihre Schulklassen und reisten auf der Stelle ab. Gegen zwei Uhr nachts folgten ihnen die zum Teil ausländischen Sprachlehrer, trotz Flocks Beteuerungen, daß keine Gefahr drohe. „Privater Wachschutz war auf dem Gelände, zwei Zivilpolizisten bewachten den Zufahrtsweg.“ Er selbst hatte ebensowenig Angst wie die Schulklasse von 16jährigen, die den Nazis nicht weichen wollte. „Statt dessen haben die diskutiert über Rechtsradikalismus und Gewalt.“ Purer Zufall, daß es in dieser Nacht nicht zur praktischen Übung kam. Eine Handvoll Beamte hätten mehrere hundert Skinheads sicherlich nicht umstimmen können. Und die in den Büschen versteckten Poizisten, die man Flock versprach, gab es nicht. miß