Klöckner reduziert Abfackeln: 20.000 Tonnen Dreck weniger

■ Erdgas für 15.000 Häuser gespart / Hütte: "Ökologisch vorn"

Klöckner reduziert Abfackeln:

20.000 Tonnen Dreck weniger

Erdgas für 15.000 Häuser gespart / Hütte: „Ökologisch vorn"

Das dicke Abgasrohr macht einen Knick: Seit sechs Wochen mündet es nicht mehr direkt in den Backsteinschlot, sondern umgeht ihn und endet in einer Wärmerückgewinnungsanlage. Seit sechs Wochen nämlich bläst die Stahlhütte die 270 Grad heißen Abgase aus dem Hochofen nicht mehr direkt in die Luft. Mit ihrer Wärme wird stattdessen die Luft erhitzt, die anschließend in den Brennofen geblasen wird. Eisenerz will es mindestens 1.250 Grad heiß haben, bevor es das Roheisen hergibt.

Vorher hat man bei Klöckner zur Lufterhitzung Erdgas verbrannt, soviel, wie 15.000 Einfamilienhäuser pro Jahr verbrauchen. Schon in zwei Jahren wird Klöckner die Kosten von 23 Millionen Mark für die Wärmerückgewinnungsanlage wieder raushaben und Gewinn machen. Der ökologische Effekt dabei: Jährlich rieseln 20.000 Tonnen Emissionen weniger auf Bremen. „Ein Paradebeispiel dafür, daß sich die Zusammenarbeit von Umwelt und Industrie für beide auszahlt“, sagte denn auch Umweltsenator Ralf Fücks gestern bei der Vorstellung der Anlage.

Vorstandssprecher Klaus Hilker sparte nicht mit Lob für die ökologischen Anstrengungen der Firma in den vergangenen Jahren: Innerhalb von zehn Jahren hat man den Wasserverbrauch um zwei Drittel gesenkt. Seit einem Jahr wird kein einziger Kubikmeter mehr dem Grundwasser entnommen — geschlossene Kühlkreisläufe sorgen für mehrmalige Verwendung des Wassers. Auch in die Behandlung des Abwassers hat Klöckner einiges Geld gesteckt: Wurden 1984 noch 1.300 Tonnen an festen Stoffen (zum Beispiel Eisen und Kohlenwasserstoffe) in die Weser eingeleitet, sind es heute nur noch jährlich 22 Tonnen. „Wir belasten die Weser kaum noch“, sagt deshalb Wolfram Weiß, Abteilungsleiter Umweltschutz; der Senator könne heute unbeschadet Wasser aus dem Abwasserkanal trinken.

Der jedoch hatte dafür nur ein müdes Lächeln übrig. Zwar liegt das Unternehmen bei den Wasserschadstoffen noch unter den gesetzlichen Grenzwerten, aber so ohne weiteres hat Klöckner nun auch wieder nicht in Umwelttechnik investiert. Dazu bedurfte es schon des „sanften Drucks“ des Gesetzgebers, verschärfter Grenzwerte also und einer Abwasserabgabe. Stimmt, mußte Klaus Hilker beipflichten: „Wenn es nicht alle tun müssen, kann man die großen Investitionen nicht tätigen — besonders die Investitionen in Wasser sind Investitionen in die Umwelt, da kriegen wir ja nichts zurück.“

Trotz bisher insgesamt 430 Millionen Mark für den Umweltschutz: Die Bremer Hütte ist nicht die am wenigsten umweltschädliche in Deutschland. Auch Thyssens Ökobilanz ist beachtlich. „Aber wir gehören zu den besten“, sagt der Vorstandssprecher. Immerhin habe Klöckner die kürzesten Transportwege bei der Stahlerzeugung: Für eine Tonne Stahl drei Kilometer, im Ruhrgebiet kommen da gern 40 Kilometer zusammen.

Einzige Schwachstelle: Im Stahlwerk werden die Gase noch abgefackelt. Mit denen könnte Strom für 150.000 Haushalte erzeugt werden — könnte, denn das ist teuer: 300 Millionen würde das Projekt „Ingaver“ (Innovative Gasverwertung) kosten, das Klöckner gemeinsam mit den Stadtwerken plant. Man hofft auf Mittel vom Bundesumweltamt. „Dieses Projekt ist der größtmögliche Beitrag, den man sich in Bremen zur CO2-Vermeidung denken kann“, sagt Fücks.

Autohersteller werden von ihren KundInnen mittlerweile nach der Ökobilanz bei der Autoproduktion gefragt. Im Stahlbereich ist die Ökologie noch kein Verkaufsargument. Bislang sind es nur einzelne Kunden, die nachfragen, wie etwa ein besonders umweltbewußter dänischer Kühlschrankhersteller: Dem reicht es nicht, daß seine Kühlschränke FCKW-los sind, auch vom Blechlieferanten Klöckner erwartet er eine Ökobilanz. cis