Alltäglicher Rassismus soll bestrafbar werden

■ Justizsenatorin Jutta Limbach und Ausländerbeauftragte Barbara John treten für Anti-Diskriminierungsgesetz ein

Ein Gesetz gegen Diskriminierung von Ausländern haben Justizsenatorin Jutta Limbach (SPD) und die Ausländerbeauftragte Barbara John (CDU) gefordert. Sollte der Vorstoß Erfolg haben, wäre alltäglicher Rassismus erstmals in Deutschland bestrafbar. Wichtig sei ein solches Gesetz als „Signal in die Gesellschaft hinein“, erklärte John gestern gegenüber der taz. Sie sehe Chancen, daß die Koalition eine Initiative in den Bundesrat einbringe. In der Koalitionsvereinbarung erklären SPD und CDU, die Integration fördern und gegebenenfalls „mit gesetzlichen Maßnahmen Ausländerfeindlichkeit verhindern und bekämpfen“ zu wollen.

Barbara John plädierte dafür, entsprechende Paragraphen „in die Gesetze einzuflechten, die unsere Lebensbereiche regeln“. Vor allem ins Arbeits- und ins Mietrecht müsse der Schutz vor Diskriminierung aufgenommen werden. Ein umfassendes Gesamtgesetz lehnte sie ab: „Dauert zu lange.“

Justizsenatorin Limbach hatte im Spiegel für „ein allgemeines Diskriminierungsverbot“ votiert: Sie überlege, „ob nicht ein Schmerzensgeld für verletzte Gefühle im Bürgerlichen Strafgesetzbuch vorgesehen werden sollte“.

Die im Grundgesetz verankerte Norm, daß niemand wegen seiner Abstammung, Heimat oder Herkunft „benachteiligt oder bevorzugt werden“ darf, könne vor Diskriminierung im Alltag nicht schützen, bestätigte Rechtsanwalt Claus Rosenkranz gestern der taz: „Grundrechte sind Abwehrrechte gegenüber dem Staat“, in privatrechtliche Beziehungen griffen diese nicht ein. Allerdings gebe es „Generalklauseln, bei denen Grundrechte als objektive Wertordnung in die Privatautonomie einbrechen“. Die jüngsten Berichte über Kfz-Haftpflichtversicherungen, die Ausländern schneller gekündigt hätten, zeigten, daß man über eine solche „Aufwertung“ des Gleichheitsgrundsatzes nachdenken müsse. Aus seiner Arbeit als Anwalt seien ihm Fälle bekannt, in denen Berliner ausländischer Herkunft von Vermietern diskriminiert worden seien.

Vergleichbare Erfahrungen hat auch John-Mitarbeiterin Ulrike Haupt gesammelt: „Wir können davon ausgehen, daß in Berlin an jedem Wochenende Hunderte von Jugendlichen vor Diskotheken wegen ihrer Hautfarbe abgewiesen werden“, so die Leiterin der Arbeitsgemeinschaft für gewaltfreie kulturübergreifende Verständigung. Das führe „zu einer enormen Frustration, die durchaus in Aggression umschlagen“ könne. Bislang sei die John-Behörde bei ihrer Aufklärungsarbeit auf Appelle angewiesen, aber: „Es ist immer schöner, wenn man auf Gesetze hinweisen kann.“ Christian Arns

Siehe auch Bericht auf Seite 22