Ein „Denkort“ für die Hansestadt

■ Hamburg erwirbt „Warburg-Haus“ / Stiftung hofft auf großzügige Spenden

„Ein europäisches Zentrum des Geisteslebens“ soll in der Heilwigstraße in Eppendorf neu entstehen: Stolz verkündeten Finanzsenator Wolfgang Curilla und Wissenschaftssenator Leonhard Hajen gestern auf der Landespressekonferenz, daß Hamburg das „Warburg-Haus“ für fast fünf Millionen Mark erstanden hat. In der viergeschossigen Villa sollen ruhmreiche geisteswissenschaftliche Traditionen wiederbelebt werden: Teile des kunstgeschichtlichen Seminars der Universität könnten dort untergebracht werden. Symposien, Tagungen renommierter ProfessorInnen, kurz: die Blüten der Forschung könnten an dem „Denkort“ (Hajen) ihren Platz bekommen.

Bis 1933 war im Warburg-Haus die weltberühmte kulturwissenschaftliche Bibliothek des jüdischen Kunsthistorikers und Gelehrten Aby M. Warburg untergebracht. Der Bankierssohn hatte das Haus nach eigenen Vorstellungen 1925 errichten lassen und mit einer der modernsten Bibliotheken seiner Zeit ausgestattet.

Nachdem Warburg 1929 gestorben war, konnte die Büchersammlung 1933 von seinen MitarbeiterInnen vor den Nazis ins Londoner Exil gerettet werden. Dort wurde sie seither umhegt und auf 300.000 Bände aufgestockt. Hajen betonte, daß der Verbleib der Bibliothek in London als geschichtliche Tatsache akzeptiert werden müsse; in Zeiten der elektronischen Datenverarbeitung jedoch sei ein Zugriff auf Bibliotheksbestände in aller Welt möglich.

Mit dem Kauf des Hauses ist es aber noch nicht getan. Wenn die Verträge der jetzt noch dort sitzenden gewerblichen MieterInnen abgelaufen sind, müssen zunächst umfangreiche Restaurationen stattfinden. Besonders das Herzstück der Bibliothek, der Kuppelsaal in Form einer Ellipse, soll so originalgetreu wie möglich wiederhergestellt werden.

Weiter reicht die Finanzierung des Projekts durch die Stadt allerdings nicht. Um die „Gelehrtenrepublik“ nicht an Geldmangel eingehen zu lassen, haben Professoren des Kunstgeschichts-Instituts und Senator Hajen die „Aby-Warburg-Stiftung“ gegründet. Nur mit Hilfe von privaten Spenden kann das Haus der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, können die hochfliegenden wissenschaftlichen Träume bezahlt werden. So hofft die Stiftung, daß sich genug hanseatische GroßbürgerInnen finden lassen, die an die „großartige Tradition hamburgischen Mäzenatentums“, so die Werbebroschüre, anknüpfen wollen.

Ulrike Winkelmann