Diskriminierte müssen vor Gericht klagen können

■ Mitarbeiterin der Ausländerbeauftragten konkretisiert Johns Gesetz-Idee

Alltäglicher Rassismus soll per Gesetz verboten werden. Vorschläge dazu machte die Behörde der Ausländerbeauftragten Barbara John (CDU) gestern gegenüber der taz. Damit wurde die Idee Johns und der Justizsenatorin Jutta Limbach (SPD), Anti-Diskriminierungsgesetze zu entwickeln, konkretisiert. John-Mitarbeiterin Ulrike Haupt fand „positive Ansätze“ sowohl im bundesdeutschen als auch im österreichischen Recht. Beispiel für die Notwendigkeit sei die Geschichte eines in Berlin lebenden Iraners.

Tag für Tag mußte der Flüchtling am Arbeitsplatz Anfeindungen einer Kollegin über sich ergehen lassen: Die Ausländer nähmen den Deutschen die Arbeitsplätze weg, warf sie ihm vor und war sich zugleich sicher, daß Ausländer sowohl deutsche Frauen vergewaltigen als auch in ihrer überwiegenden Mehrheit mit Drogen handeln. Und klar war für sie, daß alle Ausländer, also auch ihr Kollege, von den Steuern der Deutschen leben.

Daß sie zudem Verständnis für Angriffe gegen Ausländer zeigte, setzte dem asylberechtigten Flüchtling so zu, daß er kaum noch schlafen konnte. Der Iraner bekam Verdauungsstörungen und litt immer häufiger unter Magenschmerzen. Weil er aufgrund der psychosomatischen Beschwerden oft krank war, wurde ihm gekündigt. Daß er zuvor die Geschäftsführung immer wieder um Unterstützung gegen die ausländerfeindliche Kollegin gebeten hatte, änderte daran nichts.

Doch unter den deutschen Gesetzen ist das Betriebsverfassungsgesetz diesbezüglich fortschrittlich: Es verpflichtet Firmen, für die Wahrung des Betriebsfriedens zu sorgen. Der aber wird durch Beschimpfungen und diskiminierende Äußerungen empfindlich gestört, was den Geschädigten die rechtliche Grundlage gibt, sich zu wehren.

Daß solche Paragraphen auch in anderen Gesetzbüchern gebraucht werden, steht für Ulrike Haupt außer Frage. Die Leiterin der Arbeitsgemeinschaft für gewaltfreie kulturübergreifende Verständigung im Amt der Ausländerbeauftragten bekommt täglich Fälle von Diskriminierung auf den Tisch, wie sie der taz gestern versicherte.

Eine Handhabe erhoffe sie sich etwa gegen die Besitzer von Discotheken, die Wochenende für Wochenende ausländischen Jugendlichen den Eintritt verwehrten. Zwar sieht im Gegensatz zum bundesweit geltenden Gaststättengesetz die Berliner Ausführungsverordnung vor, daß die Konzession aufgrund solcher Vorfälle entzogen werden kann; dazu muß allerdings vom jeweiligen Bezirksamt mittels mehrerer schwerer Fälle die Unzuverlässigkeit des Betreibers nachgewiesen werden. Selbst wenn diese Regelung ins Gaststättengesetz aufgenommen würde, so Haupt, hätten einzelne Jugendliche dadurch keinen Vorteil.

Wörtlich übernommen sähe sie deshalb gerne einen Passus aus dem österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetz, der Diskriminierung explizit verbietet. Würde die Anregung aufgegriffen, könnte ein Wirt oder Disco-Besitzer belangt werden, wenn er „Personen öffentlich allein aufgrund ihrer Rasse, ihrer Hautfarbe, ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft oder ihres religiösen Bekenntnisses ungerechtfertigt benachteiligt oder behindert, Orte zu betreten oder Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, die für den allgemeinen öffentlichen Gebrauch bestimmt sind“.

Damit bräuchten Jugendliche nur noch Zeugen, daß ihnen der Zutritt verwehrt wurde, um selbst klagen zu können. Die Rechtfertigungspflicht läge dann, anders als bei der Berliner Ausführungsverordnung, auf Seiten des Diskriminierers. Er hätte nachzuweisen, daß er einen anderen als eben einen rassistischen Grund hatte, den Jugendlichen nicht in die Disco zu lassen. Christian Arns