Granate explodierte in Flüchtlings-Wohnheim

■ Bosnische Flüchtlinge in Weißensee blieben unverletzt / Staatsschutz ermittelt / Keine Erkenntnisse über Hintergrund

Eine Handgranate explodierte am Mittwoch abend gegen 23 Uhr im Heim für Kriegsflüchtlinge aus Bosnien in Weißensee. Dabei wurden zwei Wohneinheiten in einem der Container beschädigt, Menschen wurden nicht verletzt. In dem vom Internationalen Bund für Sozialarbeit/Jugendsozialwerk getragenen Heim leben zur Zeit 260 Flüchtlinge. Die Ermittlungen hat der für politisch motivierte Straftaten zuständige Staatsschutz aufgenommen.

Die Granate explodierte etwa 30 Meter vom Bürgersteig entfernt; vom Zaun zu den ersten Fenstern der querstehenden Container sind es nur wenige Schritte. Dabei wurde die Außenwand beschädigt, Scheiben barsten aufgrund der Detonation.

Für „rechtsextreme Motivationen“ gebe es „keinerlei Anhaltspunkte“, erklärte Polizei-Pressesprecherin Rita König gestern gegenüber der taz. Auch wenn es noch keine konkreten Hinweise dafür gebe, werde ein „Konflikt zwischen Volksgruppen des ehemaligen Jugoslawien nicht ausgeschlossen“, formulierte sie vorsichtig. Die Täter seien nach bisherigen Zeugenaussagen in einem hellen Wagen unbekannten Typs geflohen, teilte die Polizei mit. Allerdings würden „alle Möglichkeiten einbezogen“, versicherte König. Dazu gehöre auch, daß die Granate nicht unbedingt von außen geworfen worden sein müsse, bestätigte sie auf Anfrage.

Die Situation im Heim, in dessen Nachbarschaft vor allem Gewerbebetriebe liegen, war gestern trotz der Explosion ruhig. „Sie nehmen es gelassen“, bestätigte der Mitarbeiter des privaten Wachschutz-Unternehmens, der gestern am Tor des Geländes wachte. Es ist mit einem eineinhalb Meter hohen Zaun umgeben.

Er habe einen lauten Knall gehört und sei sofort rausgerannt, berichtete Hjrudin Poljakovic, der seit einem halben Jahr mit seiner Frau und seinen drei Kindern in Weißensee lebt. Er kündigte an, daß die Bosnier jetzt jede Nacht Wache halten würden. Der Anschlag mache ihnen Angst; er habe sie überrascht, zumal sich die Bewohner bisher in Berlin sehr wohl gefühlt hätten.

Anders als die Polizei glaubt die PDS-Fraktion im Abgeordnetenhaus an rechtsradikale Motive: „Voller Scham müssen wir feststellen, daß die von führenden Politikern geschürte Ausländerfeindlichkeit dazu führt, daß nicht einmal vor Bürgerkriegsflüchtlingen halt gemacht wird.“ Diese schätzten ihr Verhältnis zu den Berlinern gestern gegenüber der Presse als gut ein. Ungeachtet dessen forderte der amtierende Bezirksbürgermeister von Weißensee, Rainer Hampel (SPD), nach seinem Besuch im Wohnheim, „sich gegen jegliche Form von Ausländerfeindlichkeit zur Wehr zu setzen und Diskriminierungen nicht hinzunehmen“. Christian Arns