■ Leukämiekranke Katharina Scharpf gestorben: Ungeklärte Todesursache
Markt Rettenbach (taz) – Die fünfjährige Katharina Scharpf aus Markt Rettenbach im Unterallgäu ist am Mittwoch überraschend gestorben. Die Familie hatte offenbar am Morgen den Notarzt gerufen, weil dem Mädchen plötzlich schlecht geworden war. Wenig später starb Katharina in der Memminger Kinderklinik trotz intensiver ärztlicher Behandlung an plötzlichem Herzversagen, wie uns eine Vertraute der Familie mitteilte. Die Eltern von Katharina sind zur Zeit nicht erreichbar. Ungeklärt ist noch, ob es sich bei der Todesursache um ein Rezidiv gehandelt hat oder ob das Kind möglicherweise an den Folgen der Chemotherapie verstorben ist. Der Leiter der Memminger Kinderklinik, Dr. Rainer Burghard, hatte vor wenigen Monaten den Eltern mit einer Strafanzeige gedroht, falls das Kind sterben sollte. Ob es nun zu einer Anzeige kommt, konnte Burghard „derzeit noch nicht sagen“.
Der Fall der Katharina Scharpf hatte im Oktober 1991 und lange Zeit danach für heftige Diskussionen unter Medizinern, Juristen und in der Bevölkerung gesorgt. Den Eltern von Katharina war vom Amtsgericht Memmingen das Sorgerecht entzogen worden. Das Kind sollte zwangsweise den zweiten Teil der chemotherapeutischen Behandlung erhalten. Die Eltern aber hatten die Behandlung abgebrochen, weil sie ihrem Kind die „unerträglichen Qualen“ nicht länger zumuten wollten. Als dann Katharina vom Jugendamt zur Zwangsbehandlung abgeholt werden sollte, flüchtete ihr Vater Alban Scharpf und suchte wenig später zusammen mit dem Kind und der Großmutter eine Mayo-Fachklinik in Rochester in den USA auf. Er kehrte erst nach Deutschland zurück, als der Sorgerechtsentzug aufgehoben worden war. Dies war geschehen, nachdem die Eltern versichert hatten, ihr Kind von Ärztinnen und Ärzten fachgerecht weiterbehandeln zu lassen. Nach Auskunft des Ulmer Arztes von Katharina, Dr. Martin Ernst, habe das Mädchen in den letzten Wochen sehr lebenslustig gewirkt. „Das letzte Blutbild, das wir am 10. Mai in unserer Praxis von ihr erstellten, war unauffällig und zeigte keinerlei Anzeichen für Leukämie, so daß wir eigentlich sehr beruhigt waren“, sagte der Mediziner. In einem Schreiben an die Kinderklinik Memmingen und an die Staatsanwaltschaft haben die Eltern von Katharina ausdrücklich erklärt, daß sie weder einer Obduktion noch einer Organentnahme zustimmen. Die Staatsanwaltschaft Memmingen prüft derzeit, ob sie eine Obduktion auch gegen den Willen der Eltern des Kindes durchsetzen wollen. Die Familie Scharpf hat erklären lassen, daß sie keine Anfragen beantworten wird. Klaus Wittmann
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