Der populäre Konzertführer

■ Golden Oldies: Brötzmann und Smokie

Der populäre Konzertführer

Golden Oldies: Brötzmann und Smokie

„Die Rückkehr der lebenden Toten“ ist in der Musikbranche ein alltägliches Phänomen. Jeder Popmusikant, der in den „goldenen 60er und 70er Jahren“ zumindest einen Hit hatte und ihn überlebte, kann jetzt in Deutschland durch die Städte tingeln, in Fernsehshows zum alten Playback die Lippen bewegen und sich als „Golden Oldie“ feiern lassen. Solange sie und ihr Publikum das Zipperlein noch nicht gar zu sehr plagt, lassen die Veranstalter die „Super — Oldie Gruppen“ am liebsten auf der freien Wiese („wie damals in Woodstock“) nostalgieren. An diesem Samstag (21.8.) ab 17.30 Uhr wird am Bremer Unisee unter dem originellen Motto „let's have a party“ das Oldie Open Air 1993 veranstaltet. Den Trost des Immergleichen bieten unter anderen Smokie, Suzi Quatro, The Bay City Rollers, The Equals und eine Beatles Revival Band.

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In der hymnischen Besprechung eines Konzertes der „besten Rockgruppe Deutschlands“ Mutter wurde voller Bewunderung bemerkt, daß von „rund 150 sensationsgeilen Menschen“, die zum Konzert kamen, nach einer Viertelstunde noch 15 Fans übrig waren. Die vier Berliner „bekämpfen den gesunden Menschenverstand“ und kratzen systematisch an den Nervenenden ihrer Zuhörer mit brachialen Gruppensounds, „zähem, unmelodischem Gesang“ und „radikalem Seelen- Striptease“ des Sängers Max Müller. Die Kritiker schwärmen fast ausschließlich mit Vokabeln, die sonst nur in bösen Verrissen auftauchen, denn „hinter der vermeintlichen Schock-Ästethik steckt ein militanter Humanismus“ (Szene Hamburg). Am Samstag um 20 Uhr tritt die Band, deren Ehrgeiz darin besteht, dort anzufangen, wo die „Einstürzenden Neubauten“ aufhörten, im Wehrschloß auf.

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Ein Brachialmusiker ganz anderen Kalibers spielt am Sonntag (22.8.) um 22 Uhr im Vegesacker KITO. Der Veteran des avantgardistischen Jazz, Peter Brötzmann, präsentiert mit seinem Quartett ein Konzeptprogramm unter dem Motto „Dedicated to the work of Albert Ayler“. Der Wuppertaler Saxophonist verarbeitet Stücke dieser Zentralfigur des Freejazz der 60er Jahre. Man darf darauf gespannt sein, wie er mit seinen Mitspielern William Parker (Baß), Hamid Drake (Drums) und dem Trompeter Toshinori Kondo (der im Januar mit seiner eigenen Gruppe IMA im Schlachthof auftrat) mit Aylers hymnischem, spirituellen Stil umgehen wird. Brötzmann über Ayler: „Music is the healing force of the universe ... er hat daran geglaubt“. Willy Taub