Neuer Hepp-Prozeß mit alten Ermittlungslücken

■ Neuer Prozeß gegen die ehemalige AL-Politikerin Ilona Hepp / Angeblich angeheuerter Killer ist vielfach vorbestraft

Der neue Prozeß hat noch nicht begonnen, doch schon gibt es erneut Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugen der Anklage: Am 2. September wird zum zweiten Mal der Prozeß um die ehemalige AL-Politikerin Ilona Hepp eröffnet, der Anstiftung zur Ermordung ihres Bruders vorgeworfen wird. Der erste Prozeß war vor vier Monaten nach drei Verhandlungstagen sensationell geplatzt, nachdem erhebliche Ermittlungsfehler der Kripo und der Staatsanwaltschaft offenkundig wurden. Die Schlampereien gingen freilich nur zu Lasten der Angeklagten: Das Gericht lehnte eine Haftverschonung ab. Ilona Hepp (39) sitzt damit seit nunmehr dreizehn Monaten in Untersuchungshaft. Skandalös ist bereits die Terminierung der neuen Verhandlungsrunde. Dabei nutzte das Gericht die zeitliche Frist maximal aus, nach der erneut über eine Haftverschonung hätte entschieden werden müssen.

Die Anklage wirft Ilona Hepp vor, sie habe für 50.000 Dollar einen Killer für die Ermordung ihres Bruders Nicolas (43) angeworben. Sie habe das Millionenerbe der Mutter nicht mit ihm teilen wollen, sagt die Staatsanwaltschaft über Ilona Hepps Motiv. Deutlich aber wurde im bisherigen Prozeß, daß die Polizei einer Reihe von Ungereimtheiten und Widersprüchen nicht nachgegangen war.

Eine Tonband-Aufnahme, auf der Ilona Hepp angeblich eine Freundin des Bruders mit der Suche nach einem käuflichen Mörder beauftragt, wurde von der Kripo nicht auf Manipulationen untersucht.

Die Kronzeugin, der die spartanisch lebende AL-Politikerin die Mordabsicht gestanden haben soll, hat ihrerseits Nicolas Hepp vorgeschlagen, seine Erbschaftsprobleme durch die Ermordung von Ilona Hepp zu lösen. Dies bestätigte Nicolas Hepp gegenüber der taz.

Die Strafkammer, der erneut der Richter Füllgraf vorsitzt, hat sich beim zweiten Durchgang offenbar auf mehr Arbeit eingerichtet: Terminiert sind diesmal fünfzehn Verhandlungstage, fünf mehr als beim ersten Prozeß.

Zwei Wochen vor Prozeßbeginn sind der taz weitere Merkwürdigkeiten bekannt geworden, mit denen die Anklage neuerlich ins Wackeln gerät. So hat sich herausgestellt, daß der Kronzeuge Andreas A., ein Freund des Hepp- Bruders, der sich als angeblicher Killer anheuern ließ, sechzehnmal vorbestraft ist. Darunter finden sich Verurteilungen wegen Diebstahls, Urkundenfälschung und sexuellen Mißbrauchs. Der dreiundvierzigjährige Metallarbeiter aus Remscheid hatte nach der Verhaftung Ilona Hepps die Geschichte der Anwerbung der Springer-Zeitung BZ in einer Serie geschildert. Titel: „Blutgeld in der Plastik- Tüte“. Ilona Hepps Darstellung steht dem völlig entgegen. Sie behauptet, die 50.000 Dollar habe sie nur deshalb gezahlt, weil Andreas A. gedroht hätte, anderenfalls würden ihr Bruder und seine Freundin getötet.

Der in Essen lebende Kunsthistoriker Nicolas Hepp wiederum hat gegenüber der taz angegeben, daß die zweite Zeugin der Anklage mehrfach versucht hat, ihn zu erpressen. So habe Frau L. 150.000 Mark gefordert – andernfalls werde sie sich Ilona Hepp als Zeugin zur Verfügung stellen.

Ein weiterer Zeuge der Anklage hat seine Aussage gegenüber der Polizei inzwischen verändert. Der Mann sagte nun aus, die Zeugin L. habe ihm erklärt, „man wolle jemanden ausnehmen“, und er solle dabei mitmachen. Dabei sei es um eine Summe von 300.000 Mark gegangen. Der Zeuge war einige Monate später zusammen mit dem „Killer“ Andreas A. zur Kontaktaufnahme mit Ilona Hepp nach Berlin gefahren. Gerd Nowakowski