Ägyptens Innenminister bei Anschlag verletzt

■ Bei Bombenattentat in Kairo starben gestern mindestens vier Menschen

Kairo (taz) – Gestern vormittag wurde der ägyptische Innenminister Hassan Alfi bei einem Bombenanschlag verletzt. Der Vorfall ereignete sich kurz nach elf Uhr in der Kairoer Innenstadt, nicht weit vom Innenministerium entfernt.

„Ich hörte einen lauten Knall und lief hin. Ich sah einen Polizisten mit abgerissenen Beinen auf dem Boden liegen“, beschreibt der Student Sayid Ibrahim die Szene kurz nach der Explosion. Die offenbar ferngezündete Bombe war auf einem Motorrad befestigt, das neben einen Zigarettenkiosk stand. Der Kioskbesitzer, ein Kunde und zwei Leibwächter des Ministers starben. Alfi und 15 weitere Verwundete wurden ins Krankenhaus eingeliefert.

Über den auf die Explosion folgenden Schußwechsel gibt es widersprüchliche Berichte. Manche Augenzeugen sagen, die Wachen des Ministers hätten nach der Explosion Warnschüsse in die Luft abgegeben. Andere erklären, Männer in schwarzer Polizeiuniform hätten auf die Wachen des Ministers geschossen und wären dann in Richtung des belebten Tahrir-Platzes entkommen.

Ein paar Stunden später ist das Gelände weiträumig abgesperrt. Polizisten in Zivil versuchen, Schaulustige und Augenzeugen, die mit Journalisten sprechen, wegzuschicken. „Ihr habt nichts gesehen. Geht nach Hause! Ihr habt überhaupt nichts gesehen“, sagt einer zu einer Frau, die hysterisch schreit: „Es gibt keine Sicherheit mehr im Lande. Ich arbeite in der Mugamma, dem zentralen Verwaltungsgebäude Kairos. Morgen sind wir dran!“ Der Polizist und ein paar seiner Kollegen versuchen den Journalisten zu erklären, wer hinter der Tat stehe: der Iran, der Irak und der Sudan.

Etwas abseits diskutiert eine Gruppe von jungen Männern. „Woher wissen die Täter so genau, wann und aus welcher Richtung der Minister hier vorbeikommt? Leute aus der Regierung wollen ihre Rechnungen untereinander begleichen.“ – „Es ist eine Botschaft an die Politiker, die besagt, daß die Regierungspolitik gescheitert ist.“ Es sei das Ergebnis von Hinrichtungen, Verhaftungen und Folter. Die Regierung verabschiede ein Gesetz nach dem anderen gegen den Terrorismus. „Und was hat sich geändert? Nichts.“ Der alte Innenminister habe den Dialog mit den Untergrundgruppen gewollt und sei abgesetzt worden. Der neue lehne den Dialog ab. „Die Regierung pflegt den Dialog mit den Israelis, aber nicht mit den Söhnen unseres Landes.“

In den letzten Monaten wird Ägypten von einem Kleinkrieg zwischen Mitgliedern der islamischen, extremistischen Untergrundgruppe Gamaat Islamia und Repräsentanten des Staates heimgesucht. Allein seit März dieses Jahres starben dabei 175 Menschen, 325 wurden verletzt. Als Ex- Innenminister Abdel Halim Mussa über die Vermittlung führender Geistlicher den Dialog mit den Gamaat suchte, um dem Blutvergießen ein Ende zu setzen, wurde er abgesetzt und Hassan Alfi zu seinem Nachfolger ernannt, der eine harte Linie gegen die Gamaat fährt. Ob für den Anschlag gegen Alfi auch die Gamaat verantwortlich zeichnen, ist bislang noch nicht bekannt. Im Juni und Juli wurden 15 Gamaat-Mitglieder wegen versuchten Umsturzversuches zum Tode verurteilt und hingerichtet. Ivesa Lübben