Noch ein Zaun gegen die Junkies im Viertel

■ ein neuer Zaun beim Ortsamt Mitte treibt Junkies zum Kreisel / Weitere Spritzenautomaten geplant

Die Junkies im Viertel haben einen weiteren „Druckraum“ verloren: Ein Zaun neben dem Ortsamt Mitte versperrt den Zugang zu einem Hinterhof.

Den Zaun haben die Stadtwerke gebaut. Mitarbeiter hatten sich „bedroht“ gefühlt, wenn sie nachts zu dem dort gelegenen Umspannwerk mußten. Das Ortsamt stimmte dem Bau zu, denn immer öfter wurden dort geparkte Autos von Gästen eines Hotels am Dobben gegenüber aufgebrochen, immer weniger war in der Anwaltskanzlei im Vorderhaus wegen der „erheblichen Brüllereien“ an Arbeit zu denken, berichtet Ortsamtsleiter Heck.

Die Junkies gehen zum Drücken nun verstärkt auf die grüne Insel im Rembertikreisel, eines der verbliebenen Reservate. Doch auch dort droht ihnen Vertreibung: Innensenator van Nispen möchte, daß das Gartenbauamt die dichten Büsche dort auslichtet. „Öffentliches Drücken ist untersagt; wenn das Gelände dort aber für Streifenbeamte nicht einsehbar ist, kann man auch keinen finden“, begründet seine Pressesprecherin. Man erhofft sich von der gärtnerischen Maßnahme einen ähnlichen Effekt wie am Körnerwall: Seitdem dort die Hecke runtergeschnitten worden sei, versammelten sich auf der Wiese dort keine Junkies mehr.

Auch Hucky Heck will die Büsche am Rembertikreisel ökologisch verträglich beschneiden lassen, aber nur, damit die AutofahrerInnen die auf die Straße torkelnden Junkies rechtzeitig sehen.

Uneinig sind sich Innensenator und Ortsamtsleiter auch über den Spritzenautomaten vor dem Ortsamt: „Der Automat muß da weg, der stabilisiert die Szene, suchen Sie einen Ersatzstandort“, soll van Nispen jüngst zu Heck gesagt haben. Der widersprach vorsichtig. Van Nispen aber pochte auf seine senatorische Autorität. Heck mobilisierte die Ortsbeiräte: Der Spritzenautomat soll bleiben, wo er ist, meint der einstimmig.

Ohnehin findet van Nispen Spritzenautomaten „anachronistisch“, sagt seine Pressesprecherin. Wer eine Spritze brauche, solle aus der Anonymität heraus und sich Spritzen bei den Beratungsstellen oder bei Apotheken und ÄrztInnen besorgen. 65 Prozent der Spritzen werden kostenlos in den Beratungsstellen ausgegeben, 20 Prozent über Apotheken verkauft, 15 Prozent am Automaten gezogen.

Van Nispens Staatsrat Kniesel dagegen soll Gespräche mit Staatsrat Hoppensack vom Gesundheitsressort geführt haben. Und die beiden scheinen sich einig geworden zu sein: Sie wollen prüfen, in welchen Stadtteilen Bedarf nach einem Automaten besteht, weiß der Drogenbeauftragte Guus van der Upwich. Allerdings sollen die Standorte nicht mitten in der Szene liegen. Bislang gibt es nur drei Automaten in Bremen: in Vegesack, beim Ortsamt Mitte und unter der Eisenbahnbrücke beim Junkieschiff „Jola“. Vor dem Abbau des Automaten am Sielwall sind in Bremen monatlich 15.000 Spritzen gezogen worden.

Anachronistisch, so van der Upwich, seien Automaten erst dann, wenn es rund um die Uhr Spritzen in den Beratungsstellen gäbe. Das sei aber viel zu teuer. „Ein Automat fängt das Restrisiko von Leuten auf, die so unvernünftig sind, daß sie nicht bis 18 Uhr in der Apotheke waren.“ Außerdem werden in den Beratungsstellen Süd, West und Nord nicht Spritzen einfach so ausgegeben, sondern nur anläßlich eines Gesprächstermins. Christine Holch