Hochschule als Ausländer-Polizei

■ Hamburger Hochschulen sollen den Aufenthalts-Status nichtdeutscher Studenten kontrollieren / Zur Denunziation verpflichtet?   Von Kaija Kutter

Müssen Mitarbeiter der sechs Hamburger Hochschulen künftig polizeiliche Aufgaben übernehmen? „Es besteht seitens der Innenbehörde der z.Zt. nicht erhärtbare Verdacht, daß an den Hochschulen ausländische Studierende immatrikuliert werden, die sich jeder Kontrolle der Ausländerbehörde entziehen“, heißt es in einem Schreiben der Wissenschaftsbehörde, zu dem die sechs Hamburger Hochschulen bis Dienstag Stellung nehmen sollen. Hintergrund: Ein Senatsauftrag zur Änderung des Hamburger Hochschulgesetzes. Mögliche Konsequenz: Die Hochschulen müssen künftig nicht nur die akademische Qualifikation nichtdeutscher Studienbewerber überprüfen, sondern auch deren Papiere kontrollieren.

„Wir halten es für sinnvoll, daß der Status geklärt wird, bevor das Studium aufgenommen wird“, erläutert Innenbehörden-Sprecher Peter Kelch die „undramatische Sache“. An den Hochschulen regt sich indes Protest gegen diesen Eingriff in die Hochschulautonomie: „Wir lehnen das strikt ab“, sagt Klaus Pätzold vom Akademischen Auslandsamt. Würde sich sein Amt für polizeiliche Aufgaben mißbrauchen lassen, wäre das Vertrauensverhältnis zu den Studienbewerbern gestört. „Außerdem fühlen wir uns auch gar nicht kompetent für die Arbeit, diese ganzen Visen zu unterscheiden.“

„Das sind polizeirechtliche Aufgaben, mit denen die Hochschule nichts zu tun hat“, sagt auch die HWP-Juristin Silke Wittich-Neven. Nur damit andere Behörden unangenehme Aufgaben nicht allein erledigen müßten, würde die Hochschulautonomie empfindlich eingeschränkt. „Schließlich wäre es ja auch nicht unsere Aufgabe, Studierende auf Aids zu überprüfen, um zu gucken, ob sie ihr Studium auch beenden können.“

Die Befürchtungen der Mitarbeiter in den Studienberatungsstellen gehen noch weiter. Schließlich schreibt Paragraph 76 des 1991 novellierten Ausländergesetzes vor, daß Mitarbeiter „öffentlicher Stellen unverzüglich die zuständige Ausländerbehörde zu unterrichten haben“, wenn sie im Dienst auf einen Ausländer ohne Aufenthaltsgenehmigung treffen. Andernfalls begehen sie eine Pflichtwidrigkeit. Wenn künftig ein Studienbewerber ohne gültige Papiere zur Beratungkommt, wären die Mitarbeiter zur Denunziation verpflichtet.

„Es geht um eine einmalige Kontrolle bei der Erst-Immatrikulation“, versucht Jenspeter Rosenfeld, Sprecher der Wissenschaftsbehörde, zu beschwichtigen. Aber im Sinne der Gerechtigkeit müsse gewährleistet werden, daß nur einen Studienplatz bekommt, wer „über den korrekten Weg kommt“. Doch der ist für Studienbewerber aus der 3. Welt eh fast ganz versperrt. Nur Kinder reicher Eltern oder Regierungsstipendiaten haben die Chance, hier einen Studienplatz zu ergattern. Die deutschen Botschaften in ihren Heimatländern erteilen nur dann ein Visum, wenn die Finanzierung des Studiums gesichert ist.

„Es gibt Fälle, da können Bewerber ihren Platz nicht antreten, weil die Aufenthaltsgenehmigung noch nicht durch ist“, erklärt Joachim Schaller von der Studienberatung der HWP. Auch während des Studiums maße die Ausländerbehörde sich an, über den weiteren Aufenthalt zu bestimmen. So müssen Nicht-EG-Studenten ihren Aufenthalt jährlich verlängern lassen, eine Entscheidung, die auch von der Zahl der Scheine abhängig gemacht wird. Schaller: „Da werden Maßstäbe angesetzt, die mit den Verhältnissen an der Uni nicht übereinstimmen.“

Die Hindernisse sind größtenteils Folge der jüngsten Novelle des Ausländergesetzes von 1991, das unter anderem festlegt, daß Nicht-EG-Studenten maximal 10 Jahre in Deutschland bleiben und kein Zweitstudium betreiben dürfen. Eine Einschränkung, die vorigen Winter schon zur Exmatrikulation des ghanaischen Politikstudenten Seth Quartey führte. Das negative Presse-Echo bewog damals den Senat, eine Änderung des Hochschulgesetzes in Auftrag zu geben. Das Ergebnis sorgt kaum für freundlichere Schlagzeilen.