Selbstgebrüht bleibt der Kaffee spitze

Aroma des Lieblingsgetränks der Deutschen bleibt oft bei der Zubereitung auf der Strecke / Faulheit siegt besonders morgens gegen den Geschmack / Billiggeräte sind nichts für Feinschmecker  ■ Von Christian Arns

Wie sähe Berlin wohl an einem Tag ohne Kaffee aus? Schlaffe und unwillige Gestalten schleppten sich müde durch die Straßen, kaum einer spräche ein Wort, sämtliche Bewegungen würden auf ein Minimum reduziert. Denn in Deutschland schwören die meisten auf den Muntermacher, trinken im Durchschnitt vier Tassen täglich. 170 Liter sind das im Jahr, auch das vermeintliche Nationalgetränk Bier wird nicht soviel getrunken.

Dabei scheint jedoch den meisten die belebende Wirkung des Koffeins wichtiger als der Geschmack zu sein, denn fast immer wird Aroma verschenkt. Denn die Kaffeemaschine hat das eigenhändige Aufbrühen weitgehend verdrängt; in rund neun von zehn Haushalten gab es 1991 eine solche Maschine, im Osten wie im Westen. Und 80 Prozent des Umsatzes werden mit Acht- bis Zehn-Tassen-Automaten erzielt. Die erreichen nicht die Qualität von einem Kaffee, bei dem das heiße Wasser von Hand aufgegossen wurde. Die Stiftung Warentest vergab 1991 beim Geschmackstest nur einmal „gut“ für das Aroma, sonst gab es höchstens zufriedenstellend. Der beste Geschmack wurde dem Braun KF 46 Aromaster bescheinigt, der allerdings auch zu den teuersten zählt. Vernichtend fiel das „test“-Urteil für das Modell Condel 2 510 aus: „Sehr mangelhaft“ sei das Aroma, egal wie viele Tassen gebrüht wurden.

Bereits 1987 hatten die Berufstester auf der Suche nach dem perfekten Geschmack ermittelt, daß die Automaten ohnehin nur mittelmäßigen Kaffee herstellen. Der Filteraufguß kam da besser weg, aber nur, wenn alles richtig gemacht wird: „Beim ersten Arbeitsgang soll der Kaffee nur gerade eben mit Wasser bedeckt sein und einige Minuten quellen. Erst wenn alles abgeflossen ist, wird der Filter erneut gefüllt, diesmal bis an den Rand. Wieder muß das Wasser abgeflossen sein, bevor nachgegossen wird.“ Nur so, rät die Stiftung, „ermöglicht die Handfilterung eine optimale Extraktion des Kaffees“.

Wohlgemerkt: optimal, nicht maximal. Denn bei noch intensiverer Nutzung werden auch die Bitterstoffe stärker herausgeholt, die den Geschmack verderben. Das passiert vor allem bei der alten Kaffeekränzchen-Methode, bei der das Pulver direkt in die Kanne kommt und dort mit dem heißen Wasser übergossen wird. Dadurch wird der Kaffee herzhaft und kräftig, zudem zeugt diese Zubereitung von Niveau, wie auch die Stiftung Warentest meint: „Stilecht warmgehalten wird das ganze mit einer gefütterten Kaffeemütze.“ Allerdings wird das feine Aroma nach einiger Zeit durch die ungeliebten Bitterstoffe überlagert.

Diese Gefahr droht auch in einer aus Frankreich stammenden Kanne, die hier auch aus optischen Gründen immer mehr Anhänger findet: die Bistro-Kanne. Aus Glas ist das runde Gefäß, in dem sich ein metallener Kolbenfilter rauf- und runterbewegen läßt. Auch hier wird das kochende Wasser direkt in der Kanne auf das Pulver gegossen; später wird der Satz mit dem Kolben langsam nach unten gedrückt. Wer damit nicht zu lange wartet und Bitterkeit so keine Chance gibt, kann sich auf erstklassiges Aroma freuen.

Zu dieser Zubereitungsart rät Öko-Test ebenfalls, auch wenn hier gänzlich unromantisch von einer Druckfilterkanne gesprochen wird. Gesucht wurde die Art, sich den Kaffee zuzubereiten, die die Umwelt am wenigsten belastet. Zahlreiche Labortests wurden durchgeführt, Ende 1992 stand das Ergebnis fest: „Danach ergibt sich, daß man seinen Kaffee wohl am umweltfreundlichsten kocht, wenn man Wasser mit Hilfe eines Wasserkessels auf einem Gasherd erhitzt und danach durch eine Druckfilterkanne preßt.“