Rad-Stellplätze nur im Neubau Pflicht

In alten Wohnhäusern hilft bei Streit mit dem Vermieter oft eine Unterschriftenliste / In die Wohnung darf das Rad auf jeden Fall, denn die geht nur Mieter etwas an / Parken im Keller umstritten  ■ Von Christian Arns

Wer abgekämpft mit dem Rad nach Hause kommt, kennt die Gewissensfrage: Runter in den Keller oder doch draußen stehen lassen, weil's ja heute doch nochmal losgehen soll? Das Treppenhaus kommt leider nicht in Frage, denn dann mault der Hausmeister wieder rum. Darf er das eigentlich? Oder haben Mieter ein Recht, ihr Velo in Treppenhäusern abzustellen?

„Grundsätzlich ist es verboten“, erklärt Michael Trutnau, der beim Allgemeinen Deutschen Fahrrad- Club (ADFC) in Berlin für Rechtsfragen zuständig ist. Selbst das Rad im Hof abzustellen, ist nach seiner Kenntnis nicht erlaubt, wenn im Mietvertrag nichts anderes ausgemacht ist. Meistens würden Räder zwar geduldet, „aber das kann der Vermieter jederzeit widerrufen“. In die Wohnung dürfe das Rad jedoch gebracht werden, da dürfe der Vermieter gar nichts gegen sagen. Anders bei Zwischengängen in Kellern: „Da braucht der Eigentümer nur zu sagen, daß er die Fluchtwege freihalten muß, schon hat man eigentlich keine Chance.“

Beim Abstellen im Treppenhaus ist Gerhard Heß von der Berliner Mietergemeinschaft optimistischer: „Wenn Vermieter sagen, daß die Räder andere behindern, lädt man am besten zu einer Hausversammlung ein.“ Gemeinsam kann dort nach seiner Erfahrung ein Brief an den Hauseigentümer entworfen werden, in dem die Mieter erklären, daß sie sich durch Fahrräder im Flur nicht gestört fühlen. „So eine Unterschriftenliste muß natürlich von allen unterzeichnet werden“, nennt Heß das Problem an seiner Idee. Wenn das gelinge, „dann kann der Vermieter nur noch mit seiner nackten Eigentümergewalt argumentieren“.

Gegen den Willen einer geschlossen auftretenden Mietgemeinschaft setzten Vermieter solche Verbote jedoch selten durch, meint Heß. „Immer mehr Treppenhäuser werden so gestaltet, daß man sich gar nicht traut, sein Rad dort abzustellen“, hat Axel von Blomberg, Landesvorsitzender des ADFC, festgestellt. Und Fahrradkurier Martin hat schon häufiger erlebt, daß „mein Fahrrad einfach rausgestellt wurde“. Zwar weiß er nicht, wer es letztlich war, hat aber einen Verdacht: „Der Hauswart regt sich immer auf, wenn ich mein Rad in die Nische im Treppenhaus stelle. Er sagt, die sei nicht für Fahrräder vorgesehen.“ Daß eigentlich Kinderwagen hineingehören, mutmaßt der Profi- Radler, aber: „Bei mir im Haus wohnen nur alte Leute.“

Zu offensiverem Vorgehen rät daher Mieterberater Heß: Gemeinsam könnten die Bewohner einen Fahrradstellplatz fordern, in den meisten Höfen sei dafür Platz. Und im Kreuzberger Bauamt hätten die Verantwortlichen erkannt, daß Radständer „nicht nur an U- Bahn-Stationen und vor Geschäften, sondern auch vor Wohnhäusern gebraucht werden“. In der Kreuzbergstraße sei vom Bezirksamt mal gerade ein solcher Ständer aufgebaut worden, lobt er.

Das ist für Berliner Neubauten mittlerweile Pflicht: Seit der rot- grünen Koalition müssen gemäß der Bauordnung parallel zum Wohnungsbau nicht nur Stellplätze für Autos, sondern auch für Fahrräder geschaffen werden, bestätigte Ralf Schlichting, Pressesprecher der Bauverwaltung. Damit ist Berlin sogar bundesweit vorbildlich; lediglich in Bayern wurde den Gemeinden wenigstens die Möglichkeit eingeräumt, eine entsprechende Pflicht in die kommunalen Satzungen aufzunehmen.