Gänzlich vergebliche Liebesmüh

■ Bei der Lizenzvergabe für rumänische Sender haben die Unabhängigen verloren

Das erste Mal in der Geschichte des Landes hat die rumänische Regierung vor kurzem die Lizenzierung von Sendern nach kommerziellen Gesichtspunkten beschlossen. Nach der Lizenzvergabe durch den regierungsabhängigen „Nationalen Beirat für audiovisuelle Medien“ war klar, daß dabei unabhängige, eher der Opposition zugeneigte Sender schlecht weggekommen waren. Das Rennen hatten die gemacht, die die Politik der Regierung in der Regel unterstützen oder als neutral gelten. Als auch noch bekannt wurde, daß bestimmten Persönlichkeiten, die der Führung der regierenden Partei nahestehen, darunter ein früherer Mitarbeiter von Nicolae Ceaușescu, potentiell lukrative Lizenzen zugeschlagen worden waren, wurden die Mitglieder des Beirats mit Korruptionsvorwürfen überschüttet. In mehreren Städten gab es Demonstrationen, und oppositionelle Zeitungen forderten eine unabhängige Untersuchung.

Insgesamt wurden 60 Lizenzen vergeben. Allein sechs Fernseh- und vier Radiolizenzen gingen dabei an Adrian Sirbu, 1990 Wahlmanager von Präsident Ion Iliescu, und Josif Constantin Dragan, der noch Mitte der achtziger Jahre Ceaușescus Bücher in Italien publizierte und, wie man munkelt, meist mit Geldwäsche für den Diktator beschäftigt war. Dragan ist auch Verleger der extrem nationalistischen Zeitung Renastera Banateana aus Temeswar, die vor allem in Transsylvanien, wo die ungarische Minderheit besonders stark ist, vertrieben wird.

Mit den technischen, personellen und programmatischen Aspekten des Fernsehmachens hat keiner der beiden Männer besonders viel Erfahrung – dafür sind sie aber im Besitz mehrerer Millionen Dollar, die zur Investition ins neueste Geschäft des Landes gerade recht kommen. Die Quelle des Geldes liegt im dunkeln, und der Beirat hielt sich strikt an die Regel, daß alle finanziellen Informationen der um Lizenzen konkurrierenden Anbieter streng vertraulich zu behandeln sind.

Mehrere Fernseh- und Radiosender, die sich als Stimme der Opposition verstanden und seit der Revolution im Dezember 1989 erfolgreich sendeten, mußten dagegen schließen, darunter auch TVT 1 aus Temeswar und TV O, ein Sender nahe der ungarischen Grenze bei Oradea, der seine Arbeit im Januar 1990 aufgenommen hatte.

„Die neu entstandene Situation hat unter westlichen Diplomaten hier große Sorge ausgelöst; man befürchtet eine Rückkehr zur Diktatur durch Kontrolle des Äthers“, erläutert Christian Constantinescu, der rumänische Sprecher des Internationalen Media Fonds, der vom US-amerikanischen Kongreß gegründet wurde, um die demokratische Entwicklung im früher kommunistischen Block gezielt durch Entwicklung der Medien zu fördern. „Die Politik der Regierung ist nicht in Ordnung. Seit der Revolution haben unabhängige Sender mit Engagement und Können der Öffentlichkeit Nachrichten und Meinungen präsentiert. Plötzlich setzt da wieder diese Tendenz zur Kontrolle ein.“

Drei Jahrzehnte lang hatte Ceaușescu den einzigen Fernsehkanal des Landes dominiert, der ihn am laufenden Meter mit langen Monologen des Lobs für seine Regierung und Sozialpolitik zu überschütten hatte. Macht über das Fernsehen wurde damals als so wesentlich angesehen, daß die heftigsten Kämpfe während der Revolution auf der Strada Dorobanti stattfanden, vor den Toren des Bukarester Fernsehsenders.

„Zwei Jahre lang haben wir uns angestrengt, gute Programme zu machen“, sagt Gianina Radu, die für TV O arbeitete. „Das war gänzlich vergebliche Liebesmüh, man hat uns einfach ignoriert. Wir sind sehr wütend und werden so lange dagegen protestieren, bis etwas passiert.“ Kontrolle über das Fernsehen bedeutet natürlich Kontrolle über das Weltbild der Bevölkerung, besonders in ländlichen Gebieten, in denen der Vertrieb von Zeitungen nicht einfach ist. Aus diesem Grund haben Iliescu und seine Partei im letzten Jahr auch die Wahl gewinnen können. Durch das Fernsehen haben sie die Meinung der ländlichen Bevölkerung dominiert. Aufgrund der massiven Proteste hat der Beirat immerhin zwei zusätzliche Fernsehfrequenzen für Bukarest und eine für Oradea freigemacht. Die Lizenzen werden Ende des Jahres vergeben.

Die Konkurrenz um die Lizenzen für rumänische Sender, die weitestreichenden in Ost- und Zentraleuropa, war heftig und international: Anbieter aus den USA und Europa konkurrierten mit einheimischen Sendern. Sechs Gesellschaften erhielten den Zuschlag für Sender in Bukarest, darunter „CMC International“, bereits Besitzer von sieben nationalen Zeitungen einschließlich der größten Tageszeitung Evenimentul Zile. CMC konnte 6,3 Millionen US-Dollar als Investitionskapital vorweisen. Weitere TV-Lizenznehmer sind „Amerom“, ein von armenischen Rumänen in den USA gegründetes Unternehmen, „Intact SRL“, Tochtergesellschaft von „Crescent“, ein Unternehmen, das bereits Radiosender, Zeitungen und Immobilien besitzt, und Sirbus „MediaPro“, der stärkste Sender mit einem Kurzwellen- Transmitter. „Crescent“ wurde von Ex-Mitgliedern des Geheimdienstes Securitate gegründet, was allgemein bekannt ist; auch heute sind seine Beziehungen zur Regierung nicht schlecht.

Auch „Polytechnic“, unterstützt von „TV Five Europa“ in Paris, und SOTI, eine Gründung des Internationalen Medien Fonds, machten erfolgreiche Angebote. Sympathisanten von SOTI weisen jedoch darauf hin, daß der Sender nur wenige Stunden spätabends senden kann, wenn die Zuhörerschaft klein ist. Auf die Bildschirme darf der Sender ohnehin nur acht Stunden pro Woche, was Constantinescu als „Schande und Diskriminierung“ bezeichnet. „Nachdem wir die Anfangsschwierigkeiten hinter uns hatten, die nur normal sind, wenn man bedenkt, daß dies hier ein Experiment war, wurde die Produktion richtig gut, und inzwischen kann SOTI sogar live senden“, sagte er. „Natürlich wird SOTI beschuldigt, ein Sprachrohr der Opposition zu sein – dabei macht er nichts anderes, als sachliche und relevante Nachrichten zu verbreiten.“

Keine Lizenzen für den Bukarester Fernsehmarkt erhielten die von Deutschland finanzierte „New Style International“, „Sinitaex TV“, „Societatea R“, die für die oppositionelle Tageszeitung Romania Libera ins Rennen gegangen war, „Vox Ploiest“ und „Trans Service“. Im Rahmen der neuen Verträge dürfen die Unternehmen nur weniger als zehn Stunden Sendezeit pro Tag produzieren, und einige noch weniger. Einige Sender müssen sich Frequenzen teilen, da es nur vier Kanäle gibt.

Radiolizenzen wurden insgesamt zehn für Bukarest vergeben. Sie gingen an „Tinerama“, „Uniplus“, „intact“, „CMC International“, „Radio Contact“, „Radio Delta“, das Programme von „Radio France International“ sendet, „Expressiv“, „MediaPro“, „Fun Radio“ und „Radio Z“. Sean Hillen

Sean Hillen ist Rumänien-Korrespondent der Londoner Times.