: Türkei behauptet „Eriwan-Connection“ der PKK
■ Armenien und PKK bestreiten jede Form der Zusammenarbeit / „Anti-armenische Ressentiments der Türken sollen geschürt werden“
Berlin/Ankara (taz) – Die Touristen waren auf der Suche nach den Resten der Arche Noah, als die PKK am Donnerstag vergangener Woche am Berg Ararat zuschlug. Vier Mitglieder der Expedition – drei Schweizer und ein Italienier – befinden sich seither in der Gewalt der „Arbeiterpartei Kurdistans“. Die Guerilleros, die ihre Geiseln als „Gäste“ bezeichnen, wollen auf diese Art die internationale Aufmerksamkeit für ihren über neunjährigen blutigen Krieg mit der Türkei erhöhen.
Gestern lieferten „Sicherheitsexperten“ in Ankara eine mögliche Erklärung für den Ort der Entführung, an dem es in den vergangenen Wochen verstärkt zu Auseinandersetzungen zwischen Guerilleros und türkischem Militär gekommen ist: Die Nähe zur armenischen Grenze. Die PKK, so die in der Turkish Daily News veröffentlichte Behauptung, unterhalte sechs Lager in dem Nachbarland und werde von diversen armenischen Kreisen unterstützt.
Der Vorwurf ausländischer Unterstützung für die PKK ist nicht neu. Die türkischen Regierungen haben im Lauf der Jahre sämtliche Nachbarstaaten im Nahen Osten sowie Griechenland und die Bundesrepublik Deutschland beschuldigt, der PKK zu helfen.
Militärisch ist die PKK dringend auf neue Rückzugsgebiete angewiesen. Einerseits hat die enge Zusammenarbeit der irakischen Kurdenorganisation von Massud Barsani (KDP) mit Ankara den Norden Iraks zum Feindesland für die kurdisch-türkischen Guerilleros gemacht. Andererseits mußte die PKK ihre Korkmaz-Militärakademie in der syrisch kontrollierten Bekaa-Ebene schließen, nachdem die Türkei Damaskus gedroht hatte, das Wasser des Euphrat zu stauen. Zugleich hat Ankara in den vergangenen Wochen ihre Militäroperationen intensiviert. 140.000 Soldaten befinden sich im Einsatz gegen die PKK.
Das PKK-nahe „Kurdistankomitee“ in Brüssel nannte die Behauptung aus Ankara gestern „reine Propaganda“, um das Ansehen Armeniens zu schädigen und antichristliche Ressentiments zu schüren. Antranig Aznavour vom „Zentralrat der Armenier in Deutschland“ sagt zu dem Vorwurf: „Dieser Stein soll zwei Vögel treffen, die Kurden und die Armenier.“ Eine Zusammenarbeit Armeniens mit der PKK bestreitet er energisch. Dazu gebe es schon deshalb keine Veranlassung, weil Kurden und Armenier teilweise dieselben türkischen Gebiete für sich beanspruchten.
Angesichts der anhaltenden armenischen Offensive aus Berg-Karabach gegen das mit der Türkei verbündete Aserbaidschan ist das Armenier-Bild in der Türkei zur Zeit besonders negativ. Nie hat sich die Türkei für das Massaker von 1915 entschuldigt, bei dem mehr als eine Million Armenier ums Leben kamen. Bis heute gibt es keine diplomatischen Beziehungen zu dem christlichen Nachbarland Armenien, das den Weg nach Aserbaidschan versperrt. Dorothea Hahn
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