Eene meene Dino-Dreck

■ Gestern lief der Film „Jurassic Park“ an – mit Hype und im Hamburger Nieselregen   Von Dina Eck

Eene, meene, Dino, der Dino ist im Kino; eene, meene Mark, mit „Jurassic Park“. Noch ist dies kein neuer Abzählreim für Kinder, doch die Invasion der Dinosaurier hat begonnen. Die Rede ist nicht von den richtigen Echsen, die vor 65 Millionen Jahren die Erde bevölkerten, sondern hier geht es um die Hype-Saurier, solche, die durch alleiniges Herbeireden und -schreiben sowie durch clevere Verkaufsstrategien jeden Markt besetzen, einschließlich den Platz in der Zeitungswelt und in der taz.

Am Anfang war der Film, Steven Spielbergs „Jurassic Park“. Mit Produktionskosten von rund 200 Millionen Mark wurde ein technisch perfekter Abenteuer-Film geschaffen, der aufgrund seiner Animationsszenen, die mit dem Computer realisiert wurden, als bahnbrechend in der Branche gilt. Künstlerisch gesehen gehört der Dino-Schocker zwar zum Hollywood-Mainstream, aber die Dramaturgie stimmt bis ins Letzte, die Dialoge sind intelligent und die Thriller-Effekte überraschen sogar eingefleischte Splatter- und Horror-Fans.

Gestern öffnete sich der „Jurassic Park“, der Park der Kreide-Zeit, in 500 Kinos in Deutschland. Nach einigen Frühstartern um Mitternacht war das Mundsburg-Kino das erste, das den Film in Hamburg zeigte. Riesig groß war alles angekündigt worden – doch im Kino saßen nur 40 Jugendliche und raschelten mit den Chipstüten. Zunächst hustet, knistert und knackt es noch im Saal, doch schon nach drei Filmminuten muß das erste Opfer dran glauben, der Schnatterpegel sinkt, der Saal bleibt still. Bei Jeff Goldblum, der einen flapsigen Chaos-Mathematiker spielt, lachen alle, denn das befreit.

Ansonsten folgt in ausgefeilter Hollywood-Action-Manier eine Fürchte-mich-Szene der nächsten. Da werden schweißnasse Hände zwischen die Sitze gepreßt, manchen rutscht ein halblautes „Ohjee“ heraus. Plötzlich springt ein Raptosaurus durch die Leinwand in den Kinosaal – alles schreit wie auf der Kirmes, wenn es rund geht, doch – es ist doch nur ein Film! Draußen, vor dem Kino: Hamburger Nieselregen. Ein Mädchen sagt: „Wenn die den für Kinder ab 12 Jahren freigeben, dann dürfen 15jährige auch in einen Porno.“ Sie hält den Film für „blutrünstig“. „Ist doch ein guter Actionfilm“, entgegnet ihr ein Junge.

Jedenfalls ist er eine gute Mark für alle am Film Beteiligten. Denn neben den üblichen Baseball-Kappen und T-Shirts mit Urtier-Motiven gibt noch es einiges mehr an Produkten, die sich an den Film anlehnen. Solche Verkaufsförderung, im Fachjargon Merchandising genannt, bringt Zusatzgewinne, bei „Jurassic Park“ werden allein aus solchen Verkäufen bis zu einer Milliarde Mark erwartet.

So wurde zum Beispiel zeitgleich zum Filmstart ein Flipper im Dino-Look für den Kneipen- und Spielsalon-Gebrauch freigegeben. Auch von Michael Crichtons Buch, nach dem der Film gedreht wurde, konnten schon 700.000 Exemplare verkauft werden. Schon vor dem Film werden die ZuschauerInnen im Kino von der Existenz eines „Jurassic“-Video-Spiels für daheim in Kenntnis gesetzt, und wer dafür noch zu jung ist: Es gibt die Dinosaurier auch en miniature und in Metall fürs Schrankregal oder aber als „Aktionsspielzeug“ in etwas größer: Dann können die Echsen sogar „furchterregendes Gebrüll ausstoßen“, wie der Werbetext anpreist.

Auch das Hamburger Planetarium mag bei dem Boom nicht hintanstehen und präsentiert leicht verspätet, am 19. November, einen Vortrag über die „Giganten der Vorzeit“. Sogar Schleswig-Holstein unterstützt den Hollywood-Hype: Die Staatskanzlei in Kiel vermeldete vor wenigen Tagen stolz, daß die „neue Zusatzkopienförderung des Landes“ auch kleinen Kinos den Start des Films ermögliche.

Wem die Dinos in der platten Marsch nicht reichen: Bücher über Artikel über Infos. Das Buch „Wie aus dem Bestseller DINO PARK der Kinoerfolg von Steven Spielberg wurde“ schildert die Filmherstellung; etliche Kino-Gazetten, Magazine und Zeitungen füllten Seiten mit dem Hollywood-Opus. Auch wissenschaftliche Fachblätter hatten dadurch ein spannendes Thema. Sie klärten vor dem Kinostart ab, ob die gezeigte Fiktion Wirklichkeit werden könnte.

Denn im Film entstehen die Saurier recht einfach: Man nehme eine Mücke im Bernstein, sauge ihr das getrunkene Blut von Sauriern ab, und extrahiere daraus die Dino-DNS, manipuliere sie mit etwas Frosch-DNS – et voilà: Die Schöpfung beginnt! Doch, da sind sich die WissenschaftlerInnen einig: so geht's nicht. Schließlich gab es zu Sauriers Zeiten noch keine Mücken. Glück gehabt: Eene, meene, meck, die Angst ist weg.