Grüner Pfeil als Fußgänger-Killer

■ Bremen will die Bundesregelung für das Rechtsabbiegen bei roter Ampel nicht einführen

Der Farbe Grün ist nicht mehr zu trauen: Nach dem grünen Punkt gerät jetzt auch der „grüne Pfeil“ in Mißkredit. Das kleine Schild an Ampeln soll Autofahrern auch bei rotem Licht das Rechtsabbiegen erlauben. Die Regelung, bekannt aus der Straßenverkehrsordnung der DDR, wird in Bonn gerade im Bundesrat behandelt und soll zum Beginn des nächsten Jahres als Änderung in die Straßenverkehrsordnung (StVO) aufgenommen werden.

Der Fußgängerschutzverein „FUSS e.V.“ läuft mit den Blindenverbänden Sturm gegen diese Regelung. In Bremen soll der grüne Pfeil jedenfalls nach einem Senatsbeschluß erst einmal nicht eingeführt werden.

„Eine der wenigen erhaltenswerten Errungenschaften der ehemaligen DDR“, nennt der Regierende Bürgermeinster von Berlin, Eberhard Diepgen (CDU), den grünen Pfeil.

Die Argumentation der Pfeil- Befürworter stützt sich auf eine Mischung aus Ossi-Nostalgie und „Umweltschutzgedanken“: Der grüne Pfeil bedeute mehr Verkehrsfluß, daher weniger Abgase und deshalb weniger Schadstoffe in der Luft, meint Franz-Josef Schneiders vom Bundesverkehrsministerium. Eine Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen bescheinige dem Abbiegepfeil „keine wesentliche Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit“.

Das sieht Angelika Schlansky, „FUSS“-Mitglied in Bremen anders: Sie verweist auf die Einschätzung des damaligen Verkehrsministers Krause von 1991, für den „eine dauerhafte Beibehaltung dieser Regelung aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht in Frage“ kam.

Bereits heute würden zehn Prozent der insgesamt 1.400 Verkehrstoten im Jahr von abbiegenden Autos überfahren — „und der grüne Pfeil erhöht eindeutig die Zahl der möglichen Konfliktfälle zwischen Autos und Fußgängern.“

Die Änderung der StVO wird den grünen Pfeils ermöglichen, aber nicht vorschreiben. In Bremen hat die Bausenatorin Eva- Maria Lemke Schulte (SPD) im Januar verkündet, daß es in der Hansestadt den grünen Pfeil nicht geben wird. Die Regelung schaffe nämlich einen „permanenten Konflikt zwischen Fußgängern und Autofahrern“ und sei deshalb „kein Beitrag zur Verkehrssicherheit“, erklärte die Senatorin.

Für Hildegard Kamp von den Grünen ist der grüne Pfeil nur eine Maßnahme „um den Autoverkehr weiter zu beschleunigen und das Drauflosfahren zu erleichtern.“

Auch für Edna Bekefeld vom Blindenverein Bremen erhöht die Regelung die Gefahr auf der Straße: „Für Blinde wird es immer schwieriger, die Straße zu passieren“, sagt sie. Bei der Überquerung einer Kreuzung seien blinde Menschen auf ihr Gehör angewiesen, mitdem grünen Pfeil dagegen erhöhe sich die Gefahr, auch bei Fußgängergrün überfahren zu werden.

Nur Helmut Pflugradt, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, will seinen Verkehrsminister nicht im Regen stehen lassen: Er halte den grünen Pfeil für sinnvoll an Kreuzungen, wo nicht viel Fußgängerverkehr herrsche, der Verkehrsfluß werde verbessert und die Luftbelastung geringer. „Grundsätzlich wird doch hier in Bremen erstmal alles abgelehnt, was aus Bonn kommt. Aber bald wird man merken, wie positiv das ist und sich der Regelung auf Dauer nicht verschließen können.“

Bernhard Pötter