Aus der grünen Metropole

■ Hamburgs Oberbaudirektor zu Flächenfraß und Utopie

Professor Egbert Kossak, Oberbaudirektor in Hamburg, sollte zur Eröffnung des Forums „Stadt am Fluß“ Hamburg als „Grüne Metropole“ vorstellen. Doch erzeigte vor allem, was Planung auch bedeuten kann: Tabus brechen. 1992 sei Hamburg die reichste Millionenstadt der Erde gewesen - was sie aber nicht gehindert habe, immer weiter Armut zu produzieren. Daß die Stadt zu recht als grüne Metropole gilt, zeigten Luftaufnahmen von den vielen Baumreihen und Parkflächen zwischen den Häusern. Und es belegte eine Zahl: Nur 2.200 EinwohnerInnen müssen sich in Hamburg auf einen Quadratkilometer Fläche drängen — in Berlin sind es bereits 3.800 Menschen, in Barcelona 5.000 und in Mailand 7.000, von außereuropäischen Städten ganz zu schweigen.

Mit diesen Zahlen zum Flächenverbrauch war Kossak schon bei seinem Lieblingsthema: dem Flächenfraß. „Wir brauchen dreieinhalbmal soviel Fläche zum Leben wie unsere Eltern“, brachte er seine Statistiken auf den Punkt. Besonders Gewerbe beharren auf Ausdehnung.

Dabei ist Hamburg als Stadtstaat wie Bremen längst an seine Grenzen gestoßen. Kossak schlägt deshalb Unpopuläres vor: Die 36.000 Kleingärten in der Stadt müßten zur Disposition gestellt werden. Zumindest teilweise. Denn zum Lebensunterhalt dienten die Schrebergärten nicht mehr. Und wenn schon die Philosophie der ökologischen Stadtentwicklung in Strategien umgesetzt werden solle, dann müßten auch die Maßstäbe gewahrt werden.

Damit dies auch seinen Planern in der Verwaltung gelingt, werden Bauprojekte in Hamburg nicht auf dem Papier, sondern maßstabsgetreu mit Bauklötzchen geplant. Und damit Leitbilder für die Planung auch öffentlich diskutiert, entwickelt und mitgetragen werden, finden auch in Hamburg regelmäßige Stadtentwicklungsforen statt. Dann sitzen berühmte Architekten mit Hamburger Kollegen und StudentInnen über den Bauklötzen konkreter Vorschläge. „Die Gäste tragen die Kreativität dieser Stadt dann an andere Orte“, freut sich Kossak. Und auf die Verwaltung wirke dieser Austausch „ungeheuer stimulierend.“

Innere Verdichtung — das ist für den Hamburger Planer das Konzept, um ökologische Leitbilder zu realisieren. Und dem Gewerbe will er Grenzen setzen — es könne nicht angehen, daß trotz immensen Flächenverbrauchs kaum Arbeitsplätze entstünden: das Hafenbauamt beanspruche 42 % der Arbeitsfläche für nur 2,1 % der Arbeitsplätze, die Transporttechnologie 130 ha Land — für null zusätzliche Stellen. „Den Mut Undenkbares zu denken“ wünschte Kossak deshalb dem Bremer Forum. Nur so lasse sich die Stadt am Fluß realisieren. ra