IVG-Verhandlungen gestoppt

■ Niedersachsens Umweltministerin Griefahn: Verursacher sollen zahlen

Auf Druck der Grünen sollen die Verhandlungen des Umweltministeriums mit der bundeseigenen Industrieverwaltungsgesellschaft (IVG) über die Sanierung von Rüstungsaltlasten gestoppt werden. Darauf hat sich laut Dückert (Die Grünen) der Koalitionsausschuß in Hannover geeinigt. Die IVG hat dem Land einen Vergleich angeboten, um gegen eine noch festzulegende Geldsumme von der Sanierungspflicht freigestellt zu werden (vgl. taz 8.9.93)

hier die Frau

taz: Warum führen Sie heimlich Gespräche mit der IVG?

Griefahn: Heimlich ist daran gar nichts, das sind ganz offizielle Gesprächstermine gewesen. Die IVG hat um diese Gespräche gebeten. Unser Ziel in dieser Sondierung war, die Haltung der IVG zur Frage der Rüstungsaltlasten auf ihren heutigen und ehemaligen Grundstücken zu erfahren. Ein Freikauf von der Verantwortung — wie es die Grünen behaupten — stand dabei nie zur Debatte. Mein Ministerium wollte vielmehr herausfinden, ob und wie die IVG bereit ist, Verantwortung zu übernehmen — und zwar in barer Münze.

Warum setzen Sie das Verursacherprinzip nicht auf dem Rechtsweg durch?

Wie wir jetzt wissen, stellt sich die IVG auf den Standpunkt, daß sie sich für die Verseuchung von Boden und Wasser durch Werke der Montanindustrie nicht als Verursacher sieht. Eine unhaltbare Position, wie ich meine und wie auch Rechtsgutachten belegen. In einem Fall hat der betroffene Landkreis mit unserer Unterstützung den Rechtsweg eingeschlagen. Obwohl unserer Auffassung nach eindeutig feststeht, daß für diese Rüstungsaltlast die IVG, rechtlich gesehen, der Verursacher ist, sind schon zwei Jahre vergangen und wir haben noch nicht einmal eine Gerichtsentscheidung in erster Instanz. Mit aufwendigen Gutachten muß in jedem Einzelfall der Beweis geführt werden, daß die Umweltschäden durch die Rüstungsproduktion und nicht durch andere Nutzung entstanden sind. Dieser Rechtsweg ist dornig.

Auf der anderen Seite treiben wir die Untersuchung voran und müssen in den nächsten Jahren damit rechnen, daß wir eine Menge Geld brauchen, um Flächen sichern oder sanieren zu können. Und dieses Geld sollte nach meiner Auffassung nicht Steuergeld, sondern Geld der Verursacher sein. Die Bundesregierung hat ein Gesetz zur Finanzierung der Rüstungsaltlasten übrigens gerade abgelehnt. Der Gesetzentwurf stammte aus Niedersachsen.

Um welche Summen geht es?

Nach Auffassung eines unserer Gutachter geht es um mehrere hundert Millionen. Diese Größenordnung haben wir auch der IVG mitgeteilt, die in ihren Rücklagen für Sanierungsfälle gerade mal 35 Millionen angesetzt hat. Das zeigt, daß die Vorstellungen zwischen IVG und dem Land Niedersachsen weit auseinandergehen. Wenn die IVG nicht durch die Bereitstellung von sehr viel Geld zu ihrer Verantwortung steht, ist eine Vereinbarung nicht vorstellbar. (vgl. auch Sonderseite 38)