Pieroths Idee wird abgelehnt

■ Finanzsenator: Eltern sollen Schulbücher zahlen / Aber Schulsenator will „Lernmittelfreiheit mitnichten antasten“

Schüler bezahlen ihre Schulbücher künftig selber. So jedenfalls will es Finanzsenator Elmar Pieroth von der CDU. Aber sein Vorschlag hat bislang keine Freunde gefunden. Sogar sein Parteikollege Schulsenator Jürgen Klemann plane „mitnichten, die gesetzlich garantierte Lernmittelfreiheit anzutasten.“ Im Schnitt müßten die Eltern der rund 250.000 Schüler 200 Mark für Lernmittel bezahlen. Laut Finanzsenator läge das Einsparvolumen bei 53 Millionen Mark.

Als Diskussionsanstoß für die Fachleute deutete Pieroths Sprecher Steffen Kammradt gegenüber der taz den Vorschlag, den sein Chef dem Abgeordnetenhaus unterbreitete. Es gehe darum, die bislang „wie selbstverständlich von der öffentlichen Hand“ getragenen Ausgaben für Lernmittel den Eltern („und nicht den Schülern“, Kammradt) zuzuschreiben. Dabei sollten Besserverdienende die Bücher komplett selber bezahlen, die anderen wenigstens einen Eigenanteil beitragen. Den Umfang der dadurch zu erzielenden Einsparungen konnte Kammradt exakt nicht beziffern. Das werde in Zusammenarbeit mit der Schulverwaltung erarbeitet.

In Jürgen Klemanns Schulbehörde ist davon nichts bekannt. Vielmehr teilte seine derzeitige Sprecherin Gerda Scherer die kategorische Ablehnung ihres Hauses mit. Auch bei der SPD im Berliner Abgeordnetenhaus gab es Kopfschütteln. „Keinerlei Einschnitte in die Lernmittelfreiheit“ heiße der Konsens zwischen der schulpolitischen Sprecherin und der Fraktionsgeschäftsführung. Die Sozis hatte Pieroth offenbar als Verbündete gesehen. Aus deren kommunalpolitischem Arbeitskreis auf Bundesebene sei nämlich der Vorschlag gekommen, die Bücherfreiheit aufzuheben, so Steffen Kammradt.

Die Maxime des Kassenwarts sei: Einsparungen bei „möglichst wenig Verwaltungsaufwand“. Ob die Einkommensabhängigkeit dem nicht widerspreche? Nein, ein Einkommensnachweis der Eltern werde die Sache erleichtern. Pieroth selbst meinte in einem Zeitungsinterview, in den Schulen wisse man über die Einkommensverhältnisse der Eltern „recht gut Bescheid“. Da könne „unbürokratisch eine Auswahl getroffen werden.“ Einen riesigen Verwaltungsaufwand sieht hingegen der GEW- Vorsitzende Erhard Laube. Als Gewinner des gestrichenen Büchergeldes sieht Laube allein die Schulbuchverlage, weil der Leihverkehr durch den Bücherkauf abgelöst würde. Bisher hätten die Schüler ihre Bücher zurückgegeben, sagte Laube, „jetzt müßten sie sie auf dem Schulhof verhökern – was auch nicht immer leicht ist.“ cif

Siehe Kommentar Seite 33