Rücktritte als Notbremse

■ Streit bei der MieterGemeinschaft: Übernahme durch alte SED-Kader?

Streit bei der Berliner MieterGemeinschaft. Mit sofortiger Wirkung haben gestern das Vorstandsmitglied der zweitgrößten Berliner Mieterorganisation (20.000 Mitglieder), Thomas Fruth, sowie der Pressesprecher Gerhard Heß ihren Rücktritt sowie den Austritt aus dem Verein erklärt.

Hintergrund dieses Schritts ist laut Heß die seit längerer Zeit andauernde Auseinandersetzung zwischen dem Delegiertenrat einerseits und der Geschäftsstelle und dem Vorstand andererseits um den künftigen Kurs des Vereins. So seien auf der Sitzung des Delegiertenrats Beschlüsse gefaßt worden, die von ihm sowie Thomas Fruth nicht mehr mitgetragen werden konnten. Dazu gehörten unter anderem die „Vernachlässigung des Dienstleistungs- und Beratungsangebots zugunsten eines ,Vereins zur Organisation von Mieterwiderstand‘“. Beklagt wird des weiteren die „Aufgabe der parteipolitischen Unabhängigkeit durch zunehmenden Einfluß von alten SED-Kadern und PDS- Mitgliedern in den Vereinsgremien“. Ein dritter Grund sei schließlich die „Abschaffung der demokratisch-kollektiven Vereinsstruktur zugunsten einer hierarchisch-bürokratischen“.

Wie ein Mitarbeiter gegenüber der taz erklärte, sei in dem Strukturkonzept die Einführung von Abteilungsleitern nebst Sekretärinnen sowie eines Geschäftsführers vorgesehen. Für letzteren sei bereits vor der Sitzung eine Stelle ausgeschrieben worden, die nahezu doppelt so hoch dotiert sei wie der bisherige Einheitslohn. Auf der anderen Seite würden die Dienstleistungen aufgrund der Weigerung des Delegiertenrats, neue Stellen zu bewilligen, vernachlässigt. Außerdem seien die Rechtsberatungen seit langem personell unterbesetzt.

Es wurde ausdrücklich darauf verwiesen, daß sich die Berliner MieterGemeinschaft immer dazu bekannt habe, mit Initiativen zusammen eine aktive Politik von unten zu organisieren. Mit der Vorstellung des Delegiertenrats freilich, einer solchen politischen Ausrichtung „organisatorisch alles unterzuordnen“, könne die Organisation ihrer Pflicht zur Beratung nicht mehr nachkommen. wera