CDU und Reps vereint gegen Homosexuelle?

■ Neuköllner Ausschußvorsitzender abgewählt / Die Grünen: Eul wurde Opfer einer schwarzbraunen, antischwulen Intrige

Ein Streit mit unangenehmem Beigeschmack beschäftigt die Neuköllner Bezirksverordneten: Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, Joachim Eul (Bündnis 90/Grüne), wurde jetzt von CDU und Reps mit dem Argument abgewählt, er habe den Ausschuß nicht unparteiisch geleitet und es an der notwendigen Aufmerksamkeit fehlen lassen. Für das Bündnis 90/Grüne sind dies jedoch nur vorgeschobene Gründe: In Wirklichkeit hätten sich CDU und „Republikaner“ Euls entledigt, weil dieser schwul sei.

Der Biologe Joachim Eul war seit Juli 1992 Vorsitzender des Neuköllner Gesundheitsausschusses. Am vergangenen Mittwoch wurde er abgewählt. „Der Bezirksverordnete Eul wurde Opfer einer schwarzbraunen, antihomosexuellen Intrige“, nehmen die Grünen in ihrer Stellungnahme dazu kein Blatt vor den Mund. Doch auch die SPD, die sich bei der Abstimmung enthalten hatte, bekommt von den Grünen ihr Fett weg. Die Sozis hätten sich damit zum „Erfüllungsgehilfen“ von CDU und Reps gemacht.

Die so Betitelten wiesen diese Vorwürfe gestern entrüstet zurück. Von Euls „sexueller Orientierung“ habe man bislang nichts gewußt, waren sich die Bezirksverordneten von SPD und CDU sowie der Neuköllner Rep-Gesundheitsstadtrat Bernd Bruschke vollkommen einig. „Das ist doch Euls persönliche Angelegenheit, sie berührt uns nicht. Es ist ungeheuerlich, uns so etwas anzulasten“, empörte sich die CDU-Bezirksverordnete Erika Rojek gegenüber der taz. Die Gründe für Euls Abwahl seien einzig und allein in dessen Art, den Ausschuß zu leiten, zu suchen. Er habe ewig Streit mit dem Rep-Gesundheitsstadtrat gesucht, dann wieder „geradezu vor sich hingeträumt“ oder sich mit der Protokollführerin um Formulierungen gezankt. Als Beispiel fiel Rojek auf Anhieb ein: Der Vorsitzende Eul habe „überflüssigerweise“ im Protokoll vermerkt wissen wollen, daß die CDU-Verordnete Walter im Ausschuß Bonbons und Gummibärchen verteilte. Negativ aufgestoßen ist der seit 1967 im Gesundheitsausschuß sitzenden CDUlerin auch, daß die einmal monatlich stattfindenden Ausschußsitzungen unter Euls Regie immer „viel zu lange dauerten“. „Sonst waren es höchstens zwei Stunden, bei ihm mindestens eine halbe Stunde länger“. Auf die Behauptung der Grünen angesprochen, CDU und Reps hätten bei der Abwahl unter einer Decke gesteckt, rief Erika Rojek geradezu erschreckt aus: „Behüte mich davor. Wir können doch nichts dafür, wenn die so stimmen wie wir!“

Die SPD-Bezirksverordnete Eva-Maria Schönthal begründete die Stimmenthaltung damit, ihre Fraktion habe mit Euls „schleppender Sitzungsführung“ auch Probleme gehabt. „Allerdings nicht so weit, daß wir einer Abwahl zugestimmt hätten.“

Für den Neuköllner Fraktionsvorsitzenden von Bündnis90/ Grüne, Hans Schulze, sind dies alles Ausflüchte. „Eul wurde abgewählt, weil er sich offen zu seiner Homosexualität bekannt hat.“ Genau wegen dieses Bekenntnisses habe die BVV-Fraktion der Grünen den Biologen auch als Vorsitzenden in den Gesundheitsausschuß geschickt. Denn als Homosexueller habe er sich besonders intensiv mit dem Thema Aids befaßt. Schulze verwies darauf, daß dies nicht der erste Fall von „Schwulenhetze“ in den Berliner Bezirken sei. In Friedrichshain nahm das Ganze allerdings einen anderen Ausgang. Dort war es ein Rep- Verordneter, der als Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses seinen Hut nehmen mußte, weil er sich diskriminierend über Schwule und Lesben geäußert hatte. Plutonia Plarre