■ Press-Schlag: Tapie gibt klein bei
Bernard Tapie liebt große Auftritte. Kaum hatte ein Berner Gericht entschieden, daß Frankreichs Meister Olympique Marseille (OM) doch am Europapokal teilnehmen darf, ließ sich der Präsident des Klubs in Marseille ausgiebig feiern. Zu den Klängen von „We are the Champions“ trat er vor die begeisterten Fans, verkündete, daß er Präsident bleiben und keinen Spieler verkaufen wolle, und rief selig: „Am Mittwoch Treffen gegen AEK Athen.“ Die Griechen wären der erste Europacup-Gegner des Pokalverteidigers, der der Bestechung des Absteigers Valenciennes bezichtigt wird.
Auch Noel Le Graet, der Präsident des französischen Ligaverbandes (LNF), zeigte sich hocherfreut: „Das beweist, daß wir im Recht waren und daß das französische Recht so schlecht nicht ist.“ Sein Verband hatte es abgelehnt, vor Abschluß des juristischen Verfahrens irgendwelche Sanktionen gegen OM zu beschließen. Daraufhin hatte die UEFA den Klub vom europäischen Wettbewerb ausgeschlossen.
Was Tapie und Le Graet in ihrer Euphorie vergaßen, war die hochgradige Empfindlichkeit des Weltfußballverbandes FIFA gegenüber Eingriffen in seine rechtliche Autonomie. Die FIFA haßt es wie die Pest, wenn vor ordentlichen Gerichten gegen ihre Urteile vorgegangen wird und bedroht Vereine beziehungsweise Verbände in solchen Fällen mit sofortigem Ausschluß. Entsprechend harsch fiel die Reaktion im Falle Marseille aus. „Marseille hat sich heute selbst aus der Welt des Sports ausgeschlossen“, sagte FIFA-Generalsekretär Blatter, und auch der französische Verband bekam sein Fett weg. Wenn er OM nicht umgehend rauswerfe, werde Frankreich nicht am Europacup und an der nächsten Fußball-Weltmeisterschaft teilnehmen dürfen. Besonders befremdet war Blatter darüber, daß ihm Tapie in einem Telefongespräch versprochen hatte, die Klage zurückziehen, wenig später aber in einem Fernsehinterview erklärte, daß er daran nie gedacht habe.
Gestern bekam der Olympique-Präsident dann kalte Füße. In einem Fax teilte Tapie der FIFA mit, daß er nun doch auf die Klage verzichten werde. Möglicherweise zu spät, denn Blatter hatte zuvor betont, daß auch ein nachträglicher Verzicht OM nicht mehr retten könne.
Etwas verunsichert sind derweil die Spieler von AEK Athen, die immer noch nicht wissen, ob sie am Mittwoch nun gegen Olympique Marseille oder gegen AS Monaco spielen werden. Die Monegassen hatten sich bereit erklärt, für OM im Meistercup zu spielen, nachdem Paris St. Germain auf diese Ehre verzichtet hatte. Keineswegs aus Solidarität mit dem gefallenen Meister allerdings. Die Pariser haben einen Vertrag mit dem Fernsehsender Canal Plus, die europäische Champion's League hingegen ist fest in den Klauen des Konkurrenten TF 1. Matti
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