Die Knarre immer dabei

■ Schüler bewaffnet und über Waffenpreise bestens informiert

Ein erschreckendes Dokument über die wachsende Bereitschaft zur Gewalt gegen Fremde und Minderheiten bei Jugendlichen liegt seit einigen Tagen auf dem Tisch des niedersächsischen Kultusministers Rolf Wernstedt (SPD). Als er den Bericht über eine Projektwoche gegen Fremdenfeindlichkeit an einer niedersächsischen Hauptschule im Landtag vortrug, wurde es still. Der Grund: Offene, zum Teile brutale und haßerfüllte Äußerungen gegen Ausländer, Asylanten und Sinti und Roma.

Die ist gerade beim Versuch, die Jugendlichen mit Angehörigen zum Beispiel der Sinti ins Gespräch zu bringen, offen zu Tage getreten. Die Schule, die Wernstedt aus Rücksicht auf die betroffenen Sinti nicht nannte, fühlt sich „mittlerweile hilflos“. Vor allem in einer neunten Klasse seien seit längerem „erschreckende Tendenzen von Ausländerfeindlichkeit“ zu erkennen.

Zu einem Film über die Situation von Asylbewerbern rief ein Schüler: „Wenn wir dies alles so sehen, müssen wir uns doch gegen die bewaffnen.“ Ein anderer der 14- bis 16jährigen fügte hinzu: „Ich habe ja meine Knarre immer dabei.“ Die Schüler gaben „detaillierte Informationen über Schwarzmarktpreise von Gaspistolen und Schußwaffen.“ 17 der 23 Schüler seien in Besitz solcher Waffen. Der Lehrer habe einzelnen die Waffen abgenommen. Diese hätten sie den Schülern aber wiedergegeben, aus Angst vor ihren eigenen Kindern, wie die Schüler hämisch erzählten.

Aus Sicht der Schüler, deren Diskussionen von den männlichen Jugendlichen bestimmt wurden, stört an den Ausländern, daß „alle Asylanten wie die Schweine klauen“. „Wenn ich einen erwische, der mein Fahrrad klaut, den übergieß ich mit Benzin und stecke ihn an.“ Auch über den Brandanschlag von Solingen, bei dem fünf türkische Mitbürger ums Leben gekommen sind, sei gesprochen worden.

Im Gespräch mit einer ehemaligen Insassin des Konzentrationslagers Auschwitz hieß es, Konzentrationslager seien „doch alles alte Kamellen“. Einige Schüler, die offenbar bei rechtsextremen Gruppen organisiert sind, bekundeten offen Sympathie mit der Vernichtung von Juden und anderen Bevölkerungsgruppen während der Nazi-Diktatur in Deutschland.

Der Bericht löste bei allen Abgeordneten tiefe Betroffenheit aus. Wernstedt sagte, das Beispiel stehe nicht sicher nicht für alle Schulen, es sei aber wohl „kein Einzelfall“. Vom CDU-Abgeordneten Hartwig Fischer kam spontan der Vorschlag, seitens einer Delegation von Landtagspolitikern einmal selbst das Gespräch mit den Jugendlichen zu suchen. Andreas Möser, dpa