Wer hörte den tschechischen Justizminister ab?

■ Wanze in Telefonzentrale entdeckt / Bestand des Geheimdienstes überprüft

Prag (taz) – Nach den sommerlichen Affären um die Arbeit des Geheimdienstes hat Prag nun einen neuen Skandal: Das Büro von Justizminister Jiři Novák wurde abgehört, in der Telefonzentrale des Ministeriums entdeckten Techniker des Staatlichen Sicherheitsdienstes BIS eine „Wanze“.

„Es ging um das gezielte Abhören meiner Person“, sagte Novák in einem Interview der tschechischen Tageszeitung Lidové noviny. Informiert wurde der Minister von einem früheren Gesprächspartner, dieser hatte Verdacht geschöpft, da Inhalte einer Unterredung mit dem Minister bekannt geworden waren. Novák versicherte, daß beide Gesprächspartner nichts durchsickern ließen: „Für einen bestimmten Personenkreis“ könnten die Informationen bedeutend sein. Zum Inhalt des Gesprächs wollte er sich aber nicht äußern.

„Während der ganzen Woche wurden diese Informationen verheimlicht“, so Lidové noviny. Schließlich reagierte Innenminister Jan Ruml und kündigte eine Überprüfung des Bestands der staatlichen Abhörtechniken an. Fazit: Nichts fehlt! Dennoch schloß ein Ministeriumssprecher nicht aus, daß in der Vergangenheit eine „Wanze“ aus den Beständen „verschwunden“ ist. Abhöranlagen dieser Art verkaufte Prag an koreanische und vietnamesische Geheimdienste.

Daß diese jedoch Interesse an den Gesprächen des Justizministers haben könnten, wird ausgeschlossen. Interessanter erscheint Beobachtern da schon ein Hinweis eines Abgeordneten der oppositionellen Liberal-Sozialen Union (LSU). Demnach habe Ministerpräsident Václav Klaus eine bestimmte Reihenfolge auf der Beliebtheitsskala seiner Minister.

Der Fund im Justizministerium hat die Frage aufgeworfen, ob in Prag eine großangelegte Jagd auf Wanzen eröffnet werden soll. Laufend kontrolliert werden bereits alle Gebäude im Bereich des tschechischen Verteidigungsministeriums. Auf der Burg, dem Sitz von Präsident Havel, wird eine Kontrolle nicht erwogen. Tomas Niederberghaus