Die Messer blitzten weiter

■ Alfons Kenkmanns überraschende These: Haben die “Edelweißpiraten“ nach 45 “Displaced Persons“ überfallen?

„Wenn die Messer blitzen und die Nazischweine flitzen“ - während der NS-Zeit ein subversives Lied, das von subkulturellen Jugendbanden, den Edelweißpiraten, gesungen wurde. Aus der bündischen Jugend heraus hatten sich nach '33 in ganz Deutschland solche Banden entwickelt, die mit der HJ nichts am Hut hatten und als Erkennungszeichen Edelweiß- oder Totenkopfmotive trugen. Trotz massiver Unterdrückung konnten die Nazis ihnen nicht beikommen. In der Geschichtsschreibung nach '45 werden sie nur von der links-liberalen Sozialgeschichte wahrgenommen, denn konservative Historiker lassen Widerstandsbestrebungen nur für elitäre Gruppen wie die „Männer des 20. Juli“ und die „Weiße Rose“ gelten.

Der Historiker Alfons Kenkmann hat sich mit dem Verhalten der Edelweißpiraten nach '45 beschäftigt und stellte seine Ergebnisse am Donnerstag in der Galerie Morgenland vor. Diese dürften für die Sozialgeschichtler, die die Edelweißpiraten als oppositionell einordneten, das Ende eines Mythos bedeuten, sollten sie durch weitere Forschung bestätigt werden: Das Feindbild „Nazi“ wandelten die Edelweißen nach '45 ab in Aggressionen gegen Alliierte und „Displaced Persons“ aus Osteuropa. Letztere, von den Nazis nach Deutschland verschleppt, unterlagen dem Schutz der Alliierten. Insbesondere sie, von den Banden mit dem Sammelbegriff „Polen“ belegt, hatten unter Überfällen zu leiden. „Wenn die Messer blitzen und die Polenschweine flitzen“ hieß jetzt die Losung.

Kenkmann war in Prozeßakten der britischen Alliierten auf die gleichen Namen gestoßen, die er auch in Gestapoakten gefunden hatte. „Mir wäre es auch lieber, ich hätte etwas anderes herausgefunden“, bedauerte er. Welche Motive die Jugendlichen geleitet hatten, ob ihr Verhalten durch letztendlich doch erfolgreiche NS-Erziehung oder die völkisch-nationale Propaganda seit dem Kaiserreich zu erklären ist, bleibt erstmal dahingestellt. Birgit Maaß