Große Kritiker der Elche

■ Warum die Grünen lieber nicht mit dem Bildnis ihrer Senatoren werben wollen

„Du sollst Dir kein Bildnis machen...“ Keine deutsche Partei, die dem biblischen Gebot folgen würde, außer den Grünen: Die machen allemal lieber Werbung mit alten Filzpantoffeln oder rauchenden Schloten als mit dem Abbild ihrer Spitzenkandidatin oder ihrem Minister. „Die Sachargumente sollen im Vordergrund stehen“, heißt es, „und nicht die Personen, die jederzeit wechseln können.“ Doch irgendwie ist das selbst bei Grüns mehr Kopf als Bauch: Keine Mitgliederversammlung ist so gut besucht wie die der KandidatInnen-Kür, und kein Streit wird so laut ausgefochten wie der über die grünen Repräsentanten — so erst unjüngst mal wieder im Bremer Landesvorstand.

Zur Debatte stand da die Gestaltung eines Faltblatts, das die Mitgliederzahl der Bremer Grünen endlich über die 500er Grenze bringen soll. „Viele Bilder, wenig Text“ hatte die für 7500 Mark beauftragte Werbeagentur empfohlen und einen entsprechenden Vorschlag gemacht. Und dazu gehörte auch die Idee, Bremens prominenteste Grüne abzubilden — Senatorin Helga Trüpel und Senator Ralf Fücks; drumherum selbstverständlich ein etwas selbstironischer Text über die Mühen der Macht.

„Klarer Verstoß gegen das grüne Bibel-Gebot“ müssen da drei Vorständler gedacht haben. „Noch nie sind wir mit Köpfen in den Wahlkampf gezogen“, riefen sie und: „eigentlich paßt das doch auch gar nicht ins Konzept des Faltblatts.“ Arendt Hindriksen, grüner Vorstandssprecher und Mitglied im Koalitionsausschuß, steuerte noch ein weiteres Argument bei: „Uns weht der Wind ins Gesicht. Ralf und Helga haben beide große Probleme mit der grünen Basis: vom BUND über Deichgraf Gerold Janssen bis zu den freien Kulturgruppen haben die Grünen im Senat die Szene gegen sich aufgebracht.“ Folgerte Hindriksen verschmitzt: „Da sollten wir die beiden doch lieber etwas aus der Schußlinie nehmen und nicht auch noch ins Werbeblatt drucken.“

Großer Streit, kleiner Kompromiß: Die Redaktionsgruppe präsentiert der nächsten Landesvorstandssitzung zwei Varianten der Mitgliederwerbung — eine ohne und eine mit dem Verstoß gegen das Bildnisverbot.

Bleibt nur noch die Position der Spötter mitzuteilen. Die haben nämlich die letzten grünen Mitgliederrundbriefe durchgesehen, und was haben sie dabei entdeckt: Insgesamt drei Abbildungen des Bildniskritikers Arendt Hindriksen. „Die größten Kritiker der Elche wär'n halt am liebsten selber welche“ — meint in diesem Fall auch Rosi Roland