Das Spiel geht weiter

■ Senats-Roulette um Harburger Spielbank

Und wieder nix dazugelernt. Auch nach der Wahlschlappe will Bürgermeister Henning Voscherau, solange noch möglich, Entscheidungen im Senats-Alleingang durchziehen. Beispiel: Das geplante Harburger Casino am Lüneburger Tor. Obwohl sich Bezirk, Handelskammer, Harburger Einzelhandel und Stadtentwicklungsbehörde gegen eine Filiale der Hamburger Spielbank in Harburg aussprechen, soll die noch amtierende Senatsmehrheit vor ihrer Ablösung das Projekt durchpeitschen. Der Stoff, aus dem Politikverdrossenheit ist.

Um jeden Preis will die Finanzbehörde im Harburger Zentrum die vierte Filiale der Hamburger Spielbank eröffnen. „Wir können auf die Einnahmen aus dem Betrieb der Harburger Spielbank-Dependance bei der Deckung des Haushalts nicht verzichten“, verlautbarte Stadtchef Voscherau noch in der Woche vor der Wahl. Denn die Einnahmen aus dem Spielbank-Betrieb sind bereits im Haushaltsplanentwurf 1993 enthalten.

7,5 Millionen Mark soll der Casino-Betrieb jährlich für Hamburg abwerfen. Nach Informationen der taz stand die Entscheidung bereits gestern auf der Senats-Tagesordnung; wurde dann aber vertagt. Aus der Finanzbehörde verlautet, über die Harburger Spielbank soll nun auf einer der nächsten Senatssitzungen entschieden werden – vermutlich schon in der kommenden Woche.

Da stört es nicht, daß alle Harburger Bezirkspolitiker – ob rot, schwarz, grün oder gelb – energisch gegen die Ansiedlungspläne protestieren. Sie befürchten, daß gerade den sozial Schwachen das Geld aus der Tasche gezogen wird und die sozialen Probleme des Bezirks sich so weiter verschärfen. Da stört es auch nicht, daß der gültige Bebauungsplan für das Lüneburger Tor eine Ansiedlung weiterer Spielhallen ausdrücklich ausschließt. Das bezirkliche Bauamt erklärte dem Senat auf Anfrage klipp und klar: Das Projekt ist planungsrechtlich nicht durchführbar. Die Bezirksverwaltung rechnet nun damit, daß der Senat nach einer Entscheidung die Einrichtung der Spielhalle in obrigkeitsstaatlicher Manier anordnen wird. Da stört es schon etwas mehr, daß auch die Handelskammer bereits Ende August das Projekt heftig kritisiert hatte. In einem Protestbrief an Voscherau monierte sie, daß die Spielbank für die Entwicklung der Harburger Innenstadt einen „Rückschlag“ bedeute, „weil Spielhallen tendenziell den Einzelhandel verdrängen und geeignet sind, das soziale Umfeld negativ zu prägen“. Die Finanzbehörde ließ nach dieser Stellungnahme immerhin andere Standorte prüfen, verwarf diese aber gleich wieder. Denn dem abgewählten „Rot pur“-Senat läuft die Zeit davon. Marco Carini