Futtern für die Hansestadt

■ Frühstücks-Marathon im Rathaus / Statt-Partei hat sichganz flott überlegt, was sie im Parlament will: Nahverkehr und Autos   Von Marco Carini

Vier Stunden saßen sie gestern morgen bei Brötchen und Rührei mit Krabben zusammen – der Stadt- und der Statt-Parteichef. „Berochen“ habe man sich, resümierte Henning Voscherau kurz und nichtssagend den Morgenimbiß, und auch Markus Wegner gab sich zugeknöpft: „Wir haben uns kennengelernt“, floskelte er in bester Politikerunverbindlichkeit daher und – ach ja – „nett“ sei's auch gewesen.

Futtern für die Regierungsfähigkeit in dieser Stadt – ein Motto, das die Hamburger Verhältnisse auch in den kommenden Tagen prägen wird. Heute treffen sich die GAL und die Statt-Partei zu einem Schnuppermahl, am Freitag setzt sich der Frühstücks-Marathon mit einem rot-grünen Buffett fort. Manch unverdaulicher Brocken wird dabei verfrühstückt werden. Die GAL hat bereits eine Absage an Rot-Grün-Statt erteilt, der Bürgermeister marschiert unter Protestgeschrei der nun ganz staatstragend gewandeten Grünen in Richtung Tolerierung durch die Wählervereinigung. Einziges Problem: Da die Statt-Partei Fraktionszwang ihrer AbgeordnetInnen ablehnt, sind berechenbare Mehrheitsverhältnisse kaum denkbar.

Inhaltliche Kontroversen mit Wegners Truppe muß Voscherau hingegen kaum fürchten, sieht man von der Parlaments- und Verwaltungsreform ab. Denn programmatisch hat der Parlamentsneuling wenig zu bieten. Welche Politik die fraktionszwanglosen Neu-ParlamentarierInnen umsetzen wollen, steht im ersten Programm-“Leitfaden“, den die Stattlichen flott zusammengeschreiben haben.

Stichwort Drogenpolitik: Die polizeiliche Drogenbekämpfung soll verstärkt, Methadon nur im Rahmen eines Ausstiegsprogramms unter ärztlicher Aufsicht verabreicht werden. Die künftigen Abgeordneten Klaus Scheelhase, zukünftiger Alterspräsident der Bürgerschaft, und Georg Berg sprachen sich daneben gegenüber der taz gegen eine kontrollierte Freigabe von Heroin aus.

Scheelhase plädiert zudem gegen eine Verkehrspolitik, die „einseitig auf's Fahrrad setzt“ und fordert: „Der private Autoverkehr sollte nicht weiter zurückgedrängt werden“. Rechtsanwalt Berg ergänzt: „Es ist kontraproduktiv, die Autofahrer weiter zu quälen“. Unstrittig in der Statt-Partei: Der öffentliche Nahverkehr soll massiv ausgebaut werden. Ganz klar „Ja“ sagen die beiden Abgeordneten zur Hafenerweiterung: „Die wirtschaftlichen Überlegungen müssen hier Vorrang haben – die Ökologie muß berücksichtigt werden, darf aber nicht bestimmend sein“, meint Scheelhase. Bei der Energiepolitik setzen beide „eher auf Kohle als auf Atom“. Im „Leitfaden“ heißt es aber dazu: „Die vorhandenen Kernkraftwerke sollten solange genutzt werden, bis ihre vorgesehene Lebensdauer erreicht ist“.

Uneins sind sich die beiden Neu-Parlamentarier bei der Abfallentsorgung: Berg hält es wie Umweltsenator Vahrenholt für ökologisch verträglicher, den Müll zu verbrennen, Scheelhase will lieber deponieren. Zum Erhalt der Hafenstraße und der Roten Flora gibt es noch keine Meinung, zum Konflikt zwischen Wohnungsbau und Naturerhalt hingeghen schon: Berg findet es nicht hinnehmbar, „Grünflächen nicht zu überbauen, wenn nebenan Menschen in Kisten hausen“.

Lesen Sie auch den Bericht auf Seite 4