Ist Mobutu ein „internationaler Terrorist“?

■ Angolas Regierung und Zaires Opposition rufen UNO-Sicherheitsrat an / Zaires Präsident hilft angeblich Angolas Rebellen — und umgekehrt

Brüssel (taz) – Der UNO-Sicherheitsrat soll sich heute mit einer Beschwerde der Regierung Angolas befassen, die dem Nachbarstaat Zaire und seinem Präsidenten Mobutu massive Einmischung in den angolanischen Bürgerkrieg auf seiten der Unita-Rebellen vorwirft.

Die Sitzung kommt eine Woche nach einer ultimativen Embargodrohung der UNO gegen die Unita, die im September 1992 die Wahlen in Angola verloren hatte und heute 80 Prozent des angolanischen Staatsgebietes militärisch kontrolliert.

Da Zaire zwei Regierungen hat – eine Mobutu-treue und eine Gegenregierung der demokratischen Opposition, angeführt von Etienne Tshisekedi – werden auch zairische Minister bei der UNO gegen Mobutu aussagen: der Außenminister der Gegenregierung, Pierre Lumbi, und Informationsminister Lambert Mende. „Wir haben die Namen von Offizieren, militärischen und paramilitärischen Gruppen, die die Unita logistisch unterstützen“, sagte Mende der taz kurz vor seinem Abflug aus Brüssel nach New York. Mobutus Präsidialgarde DSP liefere schwere Waffen, insbesondere Artilleriegeschosse, von der einstigen US-Basis Kamina im Süden Zaires nach Angola. Außerdem, so Mende: „In der Hauptstadt Kinshasa, im Stadtteil Gombe hinter der Lukaskirche, befindet sich das zentrale Beschaffungsbüro der Unita für Medikamente und Lebensmittel, die an die Front gehen.“

Die zairische Konfusion findet darin ihren Niederschlag, daß die amerikanische UNO-Botschafterin und derzeitige Vorsitzende des Sicherheitsrates den zairischen UNO-Botschafter – ein Mobutu- Gegner – zu sich befohlen hat, um gegen diese Aktivitäten Mobutus zu protestieren. Ironisch ist ebenfalls, daß die USA in den 80er Jahren selber aus Kamina Militärmaterial an die Unita lieferten. Damals war das Interconti-Hotel in Kinshasa regelmäßig voll von Piloten in US-Luftwaffenuniformen. Heute gehört das der Vergangenheit an.

Söldner in Angola?

Die Vorwürfe der Regierung Angolas gegen Zaire gehen über Lieferungen von Militärmaterial hinaus. Nicht nur berichtete Angolas Justizminister Paulo Tjipilica, ein Unita-Überläufer, im Juni von Langstreckenartillerie, die über den Hafen Matadi an die Unita geliefert worden sei; die Regierung in Luanda sagt auch, daß Zairer in den Reihen der Unita mitkämpfen – besonders im Norden, wo die Ölförderanlagen von Soyo liegen. Ob das stimmt, kann jedoch bezweifelt werden. Die Unita sagt – vermutlich zu Recht –, sie verfüge über genug eigene Soldaten und benötige keine undisziplinierten Zairer. Außerdem spricht die angolanische Regierung gern von Zairern, wenn sie Angehörige des auf beiden Seiten der Grenze lebenden Bakongo-Volkes meint. Viele von denen waren im Laufe der Jahrzehnte vor dem Bürgerkrieg aus Angola nach Zaire geflohen und kehrten erst nach dem angolanischen Friedensschluß von 1991 zurück. Diese regresados, die kein Portugiesisch, sondern das in Angola nicht verstandene Französisch sprechen, wurden dann in der Hauptstadt Opfer eines veritablen Pogroms nach den Wahlen vom September 1992 und hätten somit ein Motiv, gegen die Regierung zu den Waffen zu greifen.

Wie dem auch sei – die Verflechtungen zwischen den Konflikten in Zaire und Angola werden enger. Die Anhänger des zairischen Oppositionsführers Tshisekedi berichten regelmäßig von Angolanern, die in der für Massaker verantwortlichen Präsidialgarde DSP dienen. Und rechtzeitig vor der UNO-Sitzung hat Tshisekedi bei einer öffentlichen Versammlung seinen Widersacher Mobutu als „internationalen Terroristen“ bezeichnet und sich bereit erklärt, „dem Sicherheitsrat beizustehen“.

Per Einbaum zur UNO

Wie der Oppositionsführer das machen will, bleibt allerdings sein Geheimnis, da er relativ machtlos ist. Mobutu läßt Regimegegner nicht ausreisen – also mußten die beiden Oppositionsminister, die vor der UNO aussagen wollen, in einem Einbaum über den Kongo- Fluß nach Brazzaville, Hauptstadt des Nachbarstaates Kongo, fahren und dann über Brüssel nach New York fliegen. Außerdem, meinen Diplomaten, könnte Tshisekedis Terrorismusvorwurf die gegenwärtigen Vermittlungsversuche in Angola und Zaire behindern.

Mobutu selbst ist natürlich auch nicht untätig geblieben. Seine Anhänger verbreiten gegenwärtig ein Gerücht, wonach Tshisekedi ein Geheimabkommen mit dem ehemaligen radikalen zairischen Guerillaführer Antoine Marandura getroffen habe, das die militärische Ausbildung von Tshisekedi-Parteigängern in Libyen garantieren solle. Geglaubt haben das bisher nur die zairischen Christdemokraten, die eigentlich auch Mobutu- Gegner sind. Im Ausland hat sich lediglich das kleine Blatt Luxemburger Wort das Gerücht zu eigen gemacht. Francois Misser