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Viel heiße Luft um Carl Schurz

■ Streit zwischen Häfen- und Wirtschaftsressort um Kaserne löst sich im Nichts auf

Monatelang hatte der Streit zwischen dem Häfen- und dem Wirtschaftssenator getobt. Streitpunkt: Was wird aus der Carl- Schurz-Kaserne. Monatelang hatten sich die beiden Ressorts nicht einigen können, welche Wirtschaftsbetriebe dort angesiedelt werden sollten: „hafennahe“, oder nicht. Unter Mühen legten die Hafen- und Wirtschaftspolitiker der SPD jetzt ein Thesenpapier vor, in dem sie sich auf die Seite des SPD-Häfensenators Beckmeyer schlugen.

Doch jetzt löste sich der Streit in Luft auf: Beckmeyer lenkte überraschend ein: Wenn sich dort auch nur irgendein Betrieb ansiedeln würde, „dann wäre ich doch der letzte, der sich dort querlegen würde“, sagte er gestern zur taz. Die schlechte Konjunktur hat befriedend gewirkt. Beckmeyer: „Es ist ja nicht gerade so, daß die Firmen in Bremerhaven Schlange stehen.“ — „Das haben wir immer gesagt“, kommentierte Wirtschaftsstaatsrat Frank Haller trocken.

Noch geht der Streit um ein Gelände, das Bremen überhaupt nicht gehört. Noch immer verhandelt der Finanzsenator mit dem Bund über den Kauf. Und das kann sich noch Monate hinziehen, weil die Bundesvermögensverwaltung auf einem erheblich höheren Quadratmeterpreis besteht, als Bremen zu zahlen bereit ist. Wo noch vor kurzem die Versorgung der amerikanischen Truppen abgewickelt wurde, soll nun unbedingt Gewerbe angesiedelt werden. Darin waren sich alle einig, nur wollte der Häfensenator dabei gerne festgeschrieben haben, daß dieses Gewerbe „hafennah“ sein sollte, und der Wirtschaftssenator fand, daß man bei der Ansiedelung gar keine Beschränkungen machen sollte. Im Hintergrund stand dabei, welches Ressort denn für die Ansiedelung auf der Bremerhavener Fläche mit exzellenter Verkehrsanbindung zuständig sein sollte, der FDP-Wirtschaftssenator Claus Jäger oder der sozialdemokratische Häfensenator Uwe Beckmeyer.

Nun schaltete sich die SPD- Bürgerschaftsfraktion in den Streit ein: Mühselig entwickelten die Wirtschafts-und Hafenpolitiker ein gemeinsames Papier. In zwölf Thesen wird dort eine Zukunft der Kaserne entwickelt, die sich ziemlich mit der Position des Häfenressorts deckt: „Hafennahes Gewerbe“ sollte nach Möglichkeit dort angesiedelt werden. Der Wirtschaftssenator, so die SPD, habe zwar seine Meinung gesagt, aber „kein eigenes Konzept vorgelegt“.

Das Thesenpapier soll bei der nächsten Fraktionssitzung endgültig abgestimmt werden. Aber das ist möglicherweise nach den neuesten Äußerungen von Uwe Beckmeyer schon nicht mehr nötig. Zumal sich bei dem Streit eine interessante Verwicklung ergeben hatte: Zwar stützte die SPD-Bürgerschaftsfraktion ihren Häfensenator, die Bremerhavener dagegen standen auf der Seite Jägers.

Nun ist alles ganz anders: In den vergangenen Wochen haben die Ressortspitzen gemeinsam einen Immobilienverwertungsvertrag erarbeitet, nach dem das Kasernengrundstück vermarktet und verwaltet werden soll. Das war auch ganz nach dem Geschmack des Wirtschaftsressorts: Zuallererst sollten ansiedlungswillige Betriebe einen Ansprechpartner bekommen. Beckmeyer ist in der Strukturfrage der Ansiedlung immer noch davon überzeugt, daß dort Gewerbe mit Hafenbezug besser aufgehoben wäre, aber „da bin ich doch Pragmatiker. Wir sind doch für jede 100 Arbeitsplätze dankbar.“ Wirtschaftsstaatsrat Haller: „Ich hab hier auch nicht massenweise Interessenten rumsitzen.“

Jochen Grabler

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