: Gesetzentwurf mit falschem Titel
■ Anhörung: Experten kritisieren geplantes Abfallgesetz / Formulierungen häufig nur gutgemeinte Absichtserklärung
Die Überschrift sei nicht ganz ehrlich, bemängelte Eckhard Willung vom Umweltbundesamt (UBA). Denn in dem Entwurf zum „Gesetz über die Vermeidung und Entsorgung von Abfällen“, das im Herbst vom Abgeordnetenhaus verabschiedet werden soll, gehe es kaum um Vermeidung, sondern um die Weiterverwendung und Vernichtung von Müll. Das Schlagwort der Vermeidung werde „leichtfertig mißbraucht“, schließlich fehlten dazu konkrete Ansätze in dem Entwurf des Landesabfallgesetzes, sagte der UBA-Mitarbeiter. Seine Aussagen waren gestern im Umweltausschuß des Abgeordnetenhauses die weitgehendste Kritik, die bei der dreistündigen Experten-Anhörung auch von Vertretern umweltpolitischer Organisationen vorgebracht wurde. Carsten Sperling vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) fehlte darüber hinaus eine Regelung für das Recycling in Betrieben. Der Industrie und dem Gewerbe müßte per Gesetz vorgeschrieben werden, Abfallkonzepte zu erstellen, so daß der Anfall von Müll nicht mehr dem Zufall überlassen werde. Anhand einer von den Betrieben zu erstellenden Bilanz müsse nachprüfbar werden, ob der Müllanfall effektiv vermindert werde. Roland Schnell vom Institut für ökologische Abfallwirtschaft bezeichnete das Gesetzesvorhaben als „Grundlage, um die gesamte Stadt mit Müllverbrennungsanlagen zu überziehen“. Eine Grundlage zum umweltfreundlichen Umgang mit Abfall sei das Vorhaben jedenfalls nicht. Die Industrie- und Handelskammer begrüßte zwar, daß Müll vor allem vermieden, verwertet und nach Möglichkeit nicht verbrannt werden soll. Sie bat allerdings um die Änderung einer Formulierung, so daß Müllverbrennung nur dann ausgeschlossen werde, wenn Alternativen technisch und finanziell realisierbar seien. Auch sollten mit dem Gesetz Standorte für weitere Müllverbrennungsanlagen gesichert werden. Ein Vertreter der DASS, Berliner Vertragspartner des Dualen Systems („Grüner Punkt“), vermißte wiederum Sanktionsmöglichkeiten gegen diejenigen, die Abfälle nicht den diversen Mülltonnen entsprechend sortieren und so die „Wertstoffe vermüllen“. diak
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