■ Keine Olympiade in Berlin
: Berlin, nun freue dich

Welche Erleichterung, daß Berlin nicht den Zuschlag erhalten hat. Damit wird endlich wieder der Blick frei auf die wirklichen Aufgaben, denen sich die Menschen in Berlin gegenübersehen. Der Senat kann sich nun nicht mehr verstecken hinter einer fixen Idee, die nur verdeckte, daß die Große Koalition weit davon entfernt ist, ihre Aufgaben zu erfüllen und der Stadt ein stabiles und sozialverträgliches Fundament für das nächste Jahrtausend zu zimmern. Olympia 2000 war keine Vision für die Stadt, sondern der das Gemeinwesen gefährdende Gedanke, die Stadt vierzehn Tage lang einem geldgierigen Sportkonzern namens IOC auszuliefern. Der offizielle Protest, der unübersehbare Widerstand in der Stadt hat zweifellos beim IOC Wirkung gezeigt. Zu offenkundig war der Gegensatz zwischen der vom Senat beschworenen Begeisterung für Olympia und dem Besuch des IOC-Präsidenten Samaranch mit seiner totalen Polizeiabschirmung. Der Senat, dem außer der Kriminalisierung der Olympiagegner nichts einfiel, hat auch die Quittung dafür erhalten, daß er nie den Dialog mit den Berlinern gesucht hat: Die Bewerbung war ein administrativer Akt von oben herab. Der Regierende Bürgermeister, dessen Position in der CDU bereits angeschlagen ist, hat persönlich verloren – doch weder steht sein Sturz an, noch platzt nun die Große Koalition. Nicht aus Qualitätsgründen – es fehlt schlicht die Alternative.

Das olympische Abenteurertum hat der Stadt Schaden zugefügt: Das betrifft nicht nur die für die Bewerbung sinnlos ausgegebenen 250 Millionen Mark. Wichtiger ist: Berlin hat viel Zeit verloren, an Entwürfen für eine Stadt der Zukunft zu arbeiten. Mit der dreifachen Aufgabe, die Stadt zu sanieren und zu modernisieren, in ein Bundesland Berlin-Brandenburg einzubinden und ein neues Regierungsviertel zu bauen, ist die Stadt mehr als gefordert. Auf diesem Weg wird es bereits mehr als genügend Konflikte und sozialen Sprengstoff geben. Anders als das Spektakel Olympia aber sind es diese Aufgaben wert, sie zu bewältigen. Gerd Nowakowski