“Kein Licht am Ende des Tunnels“

■ Sechs Jahre Freiheitsstrafe wegen räuberischer Erpressung

“Dies war ein bedrückendes Verfahren“, sagte der Vorsitzende Richter Scotland bei der Urteilsverkündung. Der 36jährige Bernd R. — schon mehrfach wegen ähnlicher Delikte verurteilt — war im Dezember letzten Jahres aus der Psychatrie Bremen-Ost entwichen und hatte innerhalb von 24 Stunden drei Geschäfte überfallen. Insgesamt erbeutete er 700 DM. Wegen räuberischer Erpressung wurde er jetzt vom Landgericht Bremen zu sechs Jahren ohne Bewährung verurteilt.

Mit dem Urteil setzt sich für Bernd R. eine lange Knastkarriere fort. Über 16 Jahre seines Lebens hat er bisher in Gefängnissen verbracht. Der Sachverständige Dr. Hasebeck berichtete von den ungünstigen sozialen Umständen in R.'s Jugend und der schweren Persönlichkeitsstörung, die er durch seine lange Gefängniszeit davongetragen hat. In den letzten Jahren war R. in der Vollzugsanstalt Oslebshausen inhaftiert, wo er sich schlecht behandelt fühlte.

Später wurde er in einer „Nacht-und-Nebel-Aktion“ (Verteidiger Baisch) in die Haftanstalt Celle verlegt und dort in Einzelhaft genommen. In Celle verschlechterte sich sein Zustand so dramatisch, daß Bernd R. einen Selbstmordversuch unternahm. Verteidiger Baisch:“Jahrelang hat er versucht, einen Platz in einer sozialtherapeutischen Anstalt zu bekommen. In Celle hat er sich aufgegeben, wurde immer depressiver.“

1992 kam Bernd R. in die Psychatrie Bremen-Ost. Doch immer blieb die Angst vor der Rückverlegung in den normalen Vollzug, die sich zu einer regelrechten Phobie auswuchs. So erfaßte ihn Panik, als er im Dezember 1992 das Gerücht hörte: „Heute nachmittag kommst Du nach Oslebshausen zurück.“ Bernd R. floh aus der Psychatrie.

Noch am selben Abend betrat er einen Imbiß-Laden in Findorff und gab eine Bestellung auf. Plötzlich zog er ein Küchenmesser, bedrohte die 24jährige Bedienung und forderte das Geld aus der Kasse. Die Bedienung sagte vor Gericht: “Er schien dann nicht genau zu wissen, was er tun sollte. Immer noch bedrohte er mich mit dem Messer. Ich bot ihm noch Zigaretten an.“ Groteskerweise verabschiedete sich R. nach dem Überfall per Handschlag. „Tut mir leid, daß gerade Du es warst“, sagte er noch.

Am Morgen des nächsten Tages, es war der letzte lange Sonnabend vor Weihnachten, erschien Bernd R. vormittags in einem Andenken- und Pokalladen, ließ sich Prospekte zeigen und Souvenirteller. Nach fünf Minuten zog er das Messer und raubte den Kasseninhalt. Und auch der dritte Fall spielte sich zuerst nach diesem Muster ab: Am Nachmittag desselben Tages ließ er sich in einem Haushaltswarengeschäft eine Kaffeemaschine erklären, bis er der 52jährigen Verkäuferin das Messer an den Hals setzte. Doch die resolute Frau wehrte sich. Da drehte R. durch, schlug auf sie ein und verletzte sie mit dem Messer. Dann floh er. Die Verkäuferin lag drei Tage im Krankenhaus. Einen Tag nach der Tat ließ der Angeklagte sich freiwillig von seiner Anwältin nach Bremen-Ost zurückfahren.

Am Ende des Verfahrens herrschte bei allen Beteiligten Niedergeschlagenheit. Richter Scotland schloß die Verhandlung mit den Worten: „Ich hoffe, daß es Ihnen möglich ist, auf die Füße zu fallen. Doch ein Licht am Ende des Tunnels kann ich für Sie nicht sehen.“ JaS