Fücks: Klöckner vorbildlich

■ Bremer Hütte überschreitet den Dioxin-Grenzwert für MVA's noch 20fach

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Nicht nur tonnenweise Staub, auch Dioxin grammweise kommt aus den Schlote der Stahlwerke

„Die Akzeptanz auch minimaler Risiken im Umweltbereich ist in unserer Gesellschaft heute weitgehend geschwunden“, hat Bundesumweltminister Töpfer 1992 zur Eröffnung eines Dioxin-Kongresses erklärt. Transparenz sei deshalb gefragt. Und Töpfer lobte seine Immissionsschutz-Verordnung, mit der für neue Müllverbrennungsanlagen der Dioxin-Grenzwert auf 0,1 Nano(=Milliardstel) Gramm pro Kubikmeter Abluft festgelegt wurde.

Was Töpfer damals verschwieg: Aus den Schornsteinen der Sinteranlagen der Stahlwerke kommt ein vielfaches der MVA-Werte. 10-30 Mal soviel, hat das Bundesumweltamt 1992 in seinem Jahresbericht geschätzt. Durch ein Tuch-Filter sollte 1993 erstnals und versuchsweise in einem Stahlwerk ein „deutlicher Minderungseffekt“ erreicht werden.

Nach dem letzten Dioxin-Kongreß in Wien müssen diese Angaben drastisch korrigiert werden: 430 mal mehr Dioxin als der Grenzwert erlaubt kommt aus dem Schornstein bei Hoesch in Dortmund, bei Thyssen 120 mal soviel. In Bremen war es „nur“ 30-40 mal soviel. Mit dem neuen Filter, das vor wenigen Wochen in Bremen gerade in Betrieb gegangen ist, überschreitet der Dioxin-Ausstoß des Stahlwerks den Grenzwert heute „nur“ noch um das 20fache. Aber der Grenzwert gilt nur die die Müllverbrennung. Keinerlei Verordnung setzt bei Stahlwerken eine Grenze. Ganz bewußt hatte die westdeutsche Umweltpolitik der Öffentlickeit das bei den langjährigen Debatten um die Müllverbrennungs-Anlagen verschwiegen. Kein Wort steht in der zehnseitigen Töpfer-Rede von 1992 über „Sinteranlagen“.

In einer internen Abeitsgruppe des Bundesumweltministeriums haben sich Bund und Länder derweil dem Thema, das für die deutschen Stahlkwerke teuer werden könnte, angenähert. Im Oktober sollen deren erste Ergebnisse vorliegen. Offensichtlich ist die Veröffentlichung von neuen Meßergebnissen auf dem wissenschaftlichen Dioxin-Kongreß in Wien ein Vorgeplänkel zu dieser internen Bund- Länder-Abstimmung.(vgl. Seite 1)

Das Bremer Umweltressort will sich mit den erreichten Klöckner-Werten nicht zufrieden geben. Im Vorfeld der Bonner Beratungen vereinbarte Staatsrat Uwe Lahl mit Klöckner einen Vertrag, nach dem die Hütte durch Abluft-Reinigung 1994 die Dioxin-Ausstoß weiter verringern will. Klöckner erntet damit das Lob des Umweltsenators Fücks, der aber gleichzeitig eine Daumenschraub ankündigt: Für 1993 soll per Landesgesetz der Dioxin-Grenzwert für neue MVA's auch für neue Stahlwerke gelten. Mit der Klöckner-Vereinbarung will Fücks nach Bonn gehen und den Grenzwert flächendeckend und EG-weit durchsetzen. K.W.