Abschiebepolitik: Vier Kinder allein nach Serbien

■ Ausländerbehörde weist Minderjährige aus, deren Vater in Hamburg lebt

Die Überschrift der Verfügung ist fett gedruckt: „Beim Grenzübertritt abgeben“. Verständlich wird sie für die Empfänger allerdings trotzdem nicht – Zaklina und Dragona können noch nicht lesen, und auch Jelka und Stole begreifen die Aufforderung nicht. Die serbischen Romakinder sind erst drei, sechs, neun und 13 Jahre alt. Dies hindert die Hamburger Ausländerbehörde aber nicht daran, sie zum heutigen Tag auszuweisen.

Vor zweieinhalb Jahren waren die Kinder zu ihrer Mutter ins Karolinenviertel gezogen. Doch sie starb 1993. Die Vormundschaft wurde der Halbschwester Vida übertragen, der Vater konnte das Sorgerecht nicht ausüben. Unproblematisch, schien es, da Vida eine Aufenthaltserlaubnis hat.

Dennoch erhielten die Kinder vor wenigen Tagen die Aufforderung, „das Bundesgebiet bis zum 10. Februar zu verlassen“. Wie sie diese Reise alleine bewältigen sollen, wer sie in Serbien betreuen wird und wo sie unterkommen sollen – wer auf Formblättern nach Antworten nach solchen sucht, tut dies vergebens.

Auch den Mitarbeitern des Abenteurspielplatzes Am Brunnenhof (St.Pauli), an die sich die Familie gestern hilfesuchend wandte, konnten aus dem Amt keine Begründungen erhalten. Umso bedenklicher, als daß die Kindern nach ihrer Kenntnis in Serbien keinerlei Angehörigen haben. Schwierrigkeiten hatte mit dem Fall auch der Referent des Behördenleiters, Norbert Smekal: Weil niemand im Amt dem Fall gestern nachmittag überprüfen konnte, mußte auch er sich Enträtseln üben. Nach dem Ausländergesetz stehe Kindern kein eigenes Aufenthaltsrecht zu, und eine Vormundschaft werde bei einer Familienzusammenführung nicht anerkannt, so seine Deutung.

Trotz Unkenntnis der konkreten Sachlage erklärte Smekal, daß sich die Behörde mit derartigen Ausweisungen eigentlich „sehr schwer tue“. Eine gesetzliche Verpflichtung sicherzustellen, daß die Kinder in ihrer Heimat versorgt werden, gebe es für Hamburg nicht – „eher eine moralische“.

Sollten die vier allerdings tatsächlich aus Serbien stammen, so sein Versprechen, dann werde auf jeden Fall eine einmonatige Duldung ausgesprochen. Für den heutigen Tag sagte er eine erneute Prüfung des Falles zu.

Sannah Koch