Selber

■ Fanny Müller - Die 19. Geschichte von Frau K.

ach wochenlangen tropischen Temperaturen hat in Hamburg wieder das bekannte Nieselwetter eingesetzt. An der Ampel Stresemannstraße wartend, entdecke ich auf der anderen Seite Frau K., Trixi im Einkaufswagen neben sich, in der rechten Hand mehrere Plastiktüten.

Ich winke, aber sie spricht gerade mit einem jungen Mann, der neben ihr steht. Nach einem kurzen Disput wendet sie sich kopfschüttelnd ab, während er mit einem auch ohne Fernbrille erkennbaren fassungslosen Gesichtsausdruck zurückbleibt.

Ich warte auf meiner Seite und fange Frau K. ab: „Was war denn?“ Gott, eigentlich nichts, sie hat ihn nur gefragt: „Könn Sie mir wohl ma über die Straße helfen?“ Das sei doch selbstverständlich, habe er geantwortet – offensichtlich erfreut, seine gute Tat für diesen Tag schon vor dem Mittagessen abhaken zu können – man müsse nur noch grün abwarten und dann... Vor so viel Unverstand ist Frau K. immer noch am Kopfschütteln. Diese Jugend! Zu dumm, um außen Fenster zu kucken!

„Also wissen Sie“, hatte sie ihm mitgeteilt, „bei grün kann ich selber!“