Collagen der Gebeuteltheit

■ Der Film-Thrasher Henrik Peschel klebt Kunst aus Werbung

Die Warenwelt bricht in Form von Hochglanz-Fotos auf den ungeschützt sich unter einer Tube „Uhu“ duckenden Menschen herein. Offensiv bunt und gnadenlos auffällig setzen sie ihn unter psychischen Druck. Der aufgewühlte Alltagsbeobachter reißt aus den herangesprengten Ballen von Bildern Fetzen heraus und klebt sie zusammen.

„Fast wie unter Zwang“ hat Henrik Peschel in den letzten Monaten in diesem Geiste Klebebilder erstellt, die er jetzt unter dem Titel Das war '94 der Öffentlichkeit zur Bewertung präsentiert. Der sonst als Regisseur von Kinothrash bekannte Peschel möchte zeigen, wie sich der Lebensrhythmus bei Ansicht von Werbung, „dem Krankesten überhaupt“, verändert.

Dem Monströsen am Gutgemeinten (in der Selbstmord-Quiz-Show Am Scheidewege) oder vormals dissidenter und historischer Ästhetik (in Viva Ceaucescu, Rolo Aller 1 und Rolo Aller 2) setzt Peschel in seinen Filmen mit handlicher Weltsicht kleine Denkmäler. Das war '94 enthält dagegen wahllos knallige Bilder in warenüberangebotshafter Anordnung. Peschel tut vergleichsweise so, als hätte die urgewaltige Unternehmung, den Fernseher zum ersten Mal mit einem Kabelanschluß zu verbinden, ihm nichts als psychotische Momente von Bedrohung, Verzerrung und Monströsität beschert. Von der selbst gespürten Faszination vom Grauen erschreckt, „äußert“ er sich in hundert Exponaten zu „Medien“, als hätten es vor ihm weder Brecht, noch Enzensberger oder Baudrillard getan. Der Betrachter von Das war '94 begreift aber bald, daß sich Peschel tatsächlich an der eigenen Gebeuteltheit begeistert. Ekelhaft.

Kristof Schreuf

„Das war '94“ in zwei Galerien: Artstore Wohlwillstraße und Kunstraum Karolinenstraße, zur Eröffnung heute wird Arne Zank von Toc-o-tronic singen