■ Filmstarts à la carte: Freunde des heimtückischen Faschings
Unser Foto stammt zwar aus „Tödliche Absichten“, wirft aber dennoch ein ausreichendes Licht auf Frau Jamie Lee Curtis, falls Sie vergessen haben sollten, wer das ist. Es ist zwar eine steindumme Form von Psycho-Arithmetik, aber irgendwie ist sie die Summe ihrer Eltern: Sie hat den Scherz am Leibe, der ihren Vater zur erfolgreichen Drag Queen in Some like it hot machte, und sie war als Horror-Opfer par excellence die Tochter von Janet Leigh, die tausend Tode unter Hitchcocks Dusche starb (man nannte Jamie Lee wegen ihrer Rolle als todgeweihter Teenager Laurie Strode in Halloween schon „Queen of Scream“). Sie ist so Los Angeles wie man das sein kann: Aerobics, Alkohol und eine gewisse sexuelle Mehrfachbelichtung sind ihr ins Gesicht geschrieben; man hört sie quasi immer trockene Martinis bestellen, auch wenn sie in Wahrheit sagt: „Kann ich bitte Mr. Cheever sprechen“.
Das Checkpoint, das sich vor allem in letzter Zeit immer wieder durch zielsichere Porträt-Retros (ich sage: John Travolta) einen Namen gemacht hat, stellt sie mit sieben Filmen vor. Zunächst ist da eben Halloween, den die Curtis spielte, als sie schon dies und das beim Fernsehen gemacht hatte (einige Columbo- oder Quincy- Episoden zum Beispiel.) Einer davon ist ein Geheimnis, zu dem hier weiter gar nichts gesagt werden soll, außer, daß es sich um eine ziemlich gruselige Angelegenheit handelt, daß die Freunde des heimtückischen Faschings auf ihre Kosten kommen und daß man Freunde von Nerventee und Kamillendampfbädern am besten zu Hause läßt. Es ist nicht schön, wenn einer neben einem im Kino sitzt, mit einer Hand über den Augen, und immer laut sagt: „Isser weg? Kann ich wieder kucken? Sollen wir nicht lieber woanders hingehen?“, wie das gewisse Herrschaften neuerdings immer tun, trotz Androhung von Liebesentzug und lustig um den Kinosessel gewickelten Schnürsenkeln.
Blue Steel gehört so sehr in die Reagan-Ära wie Fatal Attraction, auch wenn er strenggenommen zu spät kam. Curtis wird in diesem sogenannten „Thriller“ von Kathryn Bigelow, der in Wirklichkeit eine erzreaktionäre Studie über den Charakterverfall bei sexueller Abhängigkeit von glutäugelnden orientalischen Maniacs ist (der Film zum Saddam-Hussein- Kampf; erinnern Sie sich noch, daß Norman Schwartzkopf seine „Jungs“ Aufkleber tragen ließ, auf denen „Bend over backwards, Saddam“ zu lesen war, als eindeutig homophob-zzzexistische Parole, der Krieg als „Mann-fickt- Mann“?).
Curtis paßte in so was wie sie auch in Arnold Schwarzeneggers Vehikel True Lies paßte, wo sie ein nettes Housewife gab, das über sexuelle Frustration in die Spionage und über die Liebe zu ihrem Arnold wieder in den Patriotismus zurückfand; die Konversion ist komplett mit Entmannung des Konkurrenten, Lügendetektor und Verhörzelle mit Einwegscheibe.
War sie in diesen beiden Exempeln nicht nur staatstragend, sondern geradezu phallisch aufrecht, ist sie in Ein Fisch namens Wanda die endgültige Unterwanderung all dessen mit den Mitteln des Leopardenjäckchens, des züngelnden Zungenschlages, des schönsten Mundes der Welt und zweier Dinger, die nur ein Almhirt noch Brüste nennen würde. John Cleese hat sie anders genannt und gewußt wieso; hier ersteht ein Hedonismus wieder, der in La Dolce Vita das letzte Mal gesehen ward und der in den dürren Ärmchen von Winona Ryder und anderen Kinderlein fast seinen Geist aufgegeben hätte. Sie ist die amerikanische Juwelendiebin, die einen hochenglischen Rechtsanwalt dazu bringt, nackend mit seiner Unterhose auf dem Kopf durch das Landhaus seines Kollegen zu tanzen und dabei russisch Klingendes von sich zu geben. Kevin Kline ist es nicht viel besser gegangen (auf gar keinen Fall aber schlechter).mn
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