Froschkönig, giftgrün

■ Neue Bilder aus dem „Atelier Blaumeier“ im Kulturbahnhof Vegesack auf dem Weg zum Gesamtkunstwerk.

Ein überdimensionierter, fetter Froschkönig, giftgrün und aus Gips, wird durch den Kulturbahnhof Vegesack wandern und 40 SchauspielerInnen des Blaumeier-Ateliers werden auf einer Bühne mittels Masken, Kostümen, Stimme und Musik versuchen, ausgewählten Bildern eine dritte Dimension zu geben. Fünf von mehr als 100 Bildern, gemalt von Behinderten und Nicht-Behinderten aus dem Blaumeier-Atelier in Walle, werden zur Eröffnung der Ausstellung „Granat“ im Kulturbahnhof in eine szenische Performance integriert. Denn mit einem Medium allein begnügen sich die Blaumeier-MitarbeiterInnen noch nicht: „Theater, Malerei, Musik, Maskenbildnerei sollen verdichtet werden“, beschreibt Malu Thören die Blaumeier-Arbeitsweise. Verdichtet zu – einem Gesamtkunstwerk? Was beim „Zusammenschieben der Ereignisse“ herauskommt, bleibt offen, ein Experiment. Ebenso wie die Assoziationen, die sich beim Ausstellungstitel „Granat“ einstellen. Einer Verschleifung des französischen „Grand art“. Ob große Kunst, leicht augenzwinkernd gemeint, Granatapfel oder Edelstein, „Granat“ will in seiner Bedeutung so offen sein wie es die Ausstellung thematisch auch ist.

200 Aktive, Behinderte und Nichtbehinderte, treffen sich Woche um Woche in den Atelierräumen, manche seit nun schon fast zehn Jahren. „Viele, die zu uns kommen, sind professionelle Maler“, sagt Alfons Römer, Öffentlichkeitsarbeiter für die Blaumeiers. Für Römer bedeutet das nicht unbedingt, daß sie von der Malerei leben, aber für sie.

Aus diesem Enthusiasmus heraus sind die Arbeiten entstanden, die jetzt in der spröden Güterschuppenatmosphäre des geräumigen Kulturbahnhofs ausgehängt sind. Und in Augenhöhe des Betrachters zu schweben scheinen. Denn darauf, den rohen Charakter der Wände durch weiße Stellwände zu kaschieren und daran die Bilder zu hängen, hat man verzichtet. An unsichtbaren Fäden, im Gebälk verankert, hängen die Werke und geben den Exponaten Leichtigkeit. Am Fußboden gibt ein Namensschild Auskunft über die Urheberschaft des Bilder, mehr soll das geschätzte Publikum nicht erfahren. Kunst versteht sich bekanntlich als autonom. „Wir wollen keine Ausstellung mit Kunst von Behinderten machen“, sagt Malu Thören. Deshalb hängen Behinderten- und Nichtbehinderten-Werke Seite an Seite und halten sich ungefähr die Waage.

Flächige, monochrome Tableaus gibt es da, heitere Landschaftsdarstellungen im naiven Stil, düstere Christus-Visionen, abstrakte Malerei, an Kinderzeichnungen Erinnerndes. Wichtig war, das Werk eines Künstlers durch mehrere Bilder ausführlicher vorzustellen.

Die Bandbreite ist enorm, das künstlerische Niveau der ausgestellten Werke lohnt auch den Ausflug nach Bremen-Nord. Vielleicht sogar den Ankauf eines Bildes. Die Preise reichen von 300 bis 2.000 Mark.

Alexander Musik

„Granat“-Ausstellung im Kulturbahnhof Vegesack vom 13.-22.10. Eröffnung heute, 21 Uhr, Einführung von Senatorin Bringfriede Kahrs und Dr. Hans-Joachim Manske, Direktor der Städtischen Galerie. Öffnungszeiten: 14., 16., 20.10. 14-17 Uhr, 15., 22.10. 11-17 Uhr, 17.-19.10. 14-21 Uhr