Has' ma'n Doktorhut?

■ Zwei feine Herren wegen Hökerei mit Promotionen und Habilitationen angeklagt Von Clemens Gerlach

Die beiden Angeklagten sind sich einig. Sie schweigen. Paul-Hermann J. und Konrad S. müssen aber auch nicht viel sagen, ihre Gesten sprechen für sich. Betont locker sitzen sie im Amtsgericht, beide Männer sind in anthrazitfarbene Anzüge und weiße Hemden gewandet und lächeln häufig. Gepflegt wollen sie wirken, Seriosität ausstrahlen. Doch Stil kann man nicht so leicht erwerben wie solche schwarzen Lederschuhe, die mit Konrad S.' Goldrandbrille um die Wette glänzen.

Aufs äußere Erscheinungsbild müssen der wegen Betrugs und des Mißbrauchs von Titeln angeklagte 48jährige S. und sein acht Jahre jüngerer Kollege Paul J. aus Hamburg auch peinlichst bedacht sein, das erfordert schon der Beruf. Ein professioneller Promotionsberater, vulgo: Titel-Händler, kann es sich nicht erlauben, einen unsoliden Eindruck zu machen. Der Kauf eines Doktor- oder Professorentitels ist schließlich Vertrauenssache. Vertrauen besaß Lothar F. einmal reichlich. Heute spricht der Kunsthistoriker, der gestern als Zeuge gehört wurde, in bezug auf die von ihm angezeigten J. und S. nur noch von „Betrug“. Der Besitzer einer Kunstwerkstatt im bayerischen Friedberg hatte 1990 eine Zeitungsanzeige gelesen, in der J. seine Dienste anbot. Diskret und problemlos könne er seinen Mandanten zu akademischen Würden verhelfen – ohne langes Studieren und Büffeln. Das war ganz nach F.s Geschmack, der damals „titelgeil“ gewesen sei. Schnell war er sich mit J. einig und schloß im September 1990 einen Vertrag, in dem ihm der in Deutschland nicht akzeptierte Doktortitel der „Schweizerischen Universität Zürich“ garantiert wurde, Kostenpunkt: 42.000 Mark.

Zwei Monate später teilte J. ihm mit, er müsse ihn leider an seinen Kollegen S. weitergeben, weil sein „Kontingent an Doktoranden“ ausgeschöpft sei. Die Anzahlung von 21.000 Mark erstattete J. an den damaligen Studenten F. zurück. Der willigte ein, auch weil S. ihm für weitere 30.000 Mark sogar einen Professorentitel versprach. Doch weil sich das Verfahren verzögerte und die von einem Mitarbeiter S.' angefertigte Dissertation laut F. „höchstens Proseminarniveau“ hatte, schöpfte er Verdacht. Vom Bayerischen Kultusministerium erfuhr F., der über 50.000 Mark an S. gezahlt hatte, daß der Titel wertlos sei.

Ob er das nicht schon früher geahnt hätte, fragte Amtsrichter Giesler gestern nach. Er habe sich „gerne einlullen lassen“, sagte F., der hoffte, daß die Studienbestimmungen „in der Schweiz vielleicht anders sind“. Seiner Ehefrau hatte er nur wenig von der Sache erzählt: „Ich hatte mich nicht getraut, es meinem Mariandel zu erzählen.“ Da mußten nicht nur die Angeklagten schmunzeln. Der Prozeß wird morgen fortgesetzt.