Unterm Strich

Trotz alledem und alledem – doch wieder PEN-Club: Der westdeutsche PEN will dem zurückgetretenen Beauftragten für verfolgte Autoren, Said, anbieten, sein Amt kommissarisch weiterzuführen. Begründung des amtierenden Generalsekretärs Johann Strasser: „Wir sind alle der Meinung, daß er das hervorragend gemacht hat.“ Said hatte insbesondere PEN-Präsidentin Ingrid Bacher „Desinteresse und Mißachtung“ gegenüber der Arbeit für verfolgte Autoren vorgeworfen. Der PEN werde dem in München lebenden Exiliraner, dessen Name ein Pseudonym ist, einen Brief schreiben, so Strasser.

Salman Rushdie schreibt indessen an einem Liebesroman. „Der Boden unter den Füßen“ heißt der Arbeitstitel, und das ist programmatisch gemeint. Es sei wichtig zu zeigen, daß sich der Literaturbetrieb von Drohungen nicht beeinflussen lasse, sagte Rushdie am Samstag in London „vor Journalisten“.

Beim Weltkongreß der Architekten in Barcelona (wir meldeten) ist es wegen akuten Platzmangels zu tumultartigen Szenen gekommen. Das Treffen, bei dem die Weltelite der Architektur über die Zukunft der Städte debattieren wollte, mußte aufgrund des absoluten Mißverhältnisses von 1.000 Plätzen für 10.000 Besucher unterbrochen werden. Massenhaft enttäuschte Teilnehmer riegelten die Eingänge zum Tagungszentrum ab und blockierten protestierend die Ramblas, Barcelonas Prachtboulevard.

Andere betteln auch und denken sich Kampagnen aus: Das Städelsche Kunstinstitut in Frankfurt am Main braucht nach eigenen Angaben in den kommenden Jahren rund zehn Millionen Mark für eine dringende Renovierung Der „Weltklasse-Kunst“ fehle der „adäquate Rahmen“, heißt es in einem Spendenaufruf unter dem Motto „Gunst-Sammlung – Ich steh' zum Städel“. Geplant sind bis 1999 unter anderem der Bau einer Museumscafeteria, eines neuen Eingangsbereichs mit Museumsshop (Merchandizing!) sowie die Umgestaltung des sogenannten „Nazarenersaals“ zu einem Veranstaltungsforum. Eine Modernisierung der Ausstellungsräume, die jährlich von rund 120.000 Menschen besucht würde, habe seit Mitte der sechziger Jahre nicht mehr stattgefunden, so Städel-Direktor Herbert Beck am Freitag vor Journalisten. Da man auf öffentliche Mittel dafür nicht hoffen könne, sei jetzt der Bürger gefordert.

Die Frankfurter Buchmesse im Herbst kündigt sich in der Meldungslage ganz allmählich an – z. B. mit Statistiken, daß in Deutschland nach Großbritannien und China die meisten Bücher gedruckt werden und die Süddeutschen die „eifrigsten Leser“ seien, sehr im Gegensatz zu den Menschen in Meck-Pomm, Schleswig-Holstein und den „Flächenstaaten“ Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen; etwas besser sieht es in den „Ballungszentren“ aus. Trotz allem 74.174 Neuerscheinungen in 1995 – natürlich ein Rekord.